(Neu: Überschrift, Einstiegssatz, Aussagen von Bundeskanzler Scholz, Einschätzung von JPMorgan, aktuelle Kurse.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Das Tauziehen zwischen den beiden größten Commerzbank -Aktionären hat deren Titel am Montag in heftige Turbulenzen gestürzt. Nachdem die Unicredit über Finanzinstrumente ihren Anteil erhöht hatte, bestätigte der Bund seine Unterstützung des Frankfurter Unabhängigkeitskampfes gegen die italienische Großbank. Bundeskanzler Scholz sprach sogar von einer "unfreundlichen Attacke".

Dies versetzte der Übernahmefantasie, die mit dem schon am Freitagabend erklärten Widerstand des Bundes etwas abgekühlt und mit der heutigen Unicredit-Anteilsaufstockung wieder aufgekocht war, einen Dämpfer. Zum Handelsende büßten die Commerzbank-Aktien 5,7 Prozent auf 14,785 Euro ein. Damit lagen sie - wie schon am Vormittag - am Dax -Ende.

Am vergangenen Mittwoch hatten sie mit 16,03 Euro ein Hoch seit dem Jahr 2012 erreicht. Der zur Jahrtausendwende markierte Rekord von knapp 280 Euro liegt indes noch meilenweit entfernt. Allerdings halten sich die Aktien aktuell gut 17 Prozent über ihrem Schlusskurs vom 10. September - dem Tag, bevor der Einstieg der Unicredit bekannt geworden war. Der Kursanstieg seit Jahresbeginn beläuft sich auf rund 37 Prozent, was einen der vorderen Plätze im deutschen Leitindex bedeutet.

Die Unicredit hatte kürzlich den Teil-Ausstieg des Bunds aus der Commerzbank genutzt und war überraschend im großen Stil eingestiegen. Am heutigen Montag erklärte die italienische Bank, sie habe sich weitere Anteile an der Commerzbank gesichert. Das Institut erwarb über Finanzinstrumente den Zugriff auf weitere 11,5 Prozent der Aktien und kommt damit auf eine rechnerische Beteiligung von etwa 21 Prozent. Damit überholte es den Bund, der etwa 12 Prozent hält, als größten Anteilseigner. Die Unicredit beantragte anschließend nach eigenen Angaben die behördliche Erlaubnis, ihren Anteil auf bis zu 29,9 Prozent zu erhöhen. Damit wird ein offizielles Übernahmeangebot für die Commerzbank wahrscheinlicher.

Im Bankensektor sorgten die jüngsten Nachrichten für weniger heftige Ausschläge. Der gut gelaufene Branchenindex , der von der Aussicht auf sinkende Zinsen dies- wie jenseits des Atlantiks profitiert hatte, führte mit minus 1,8 Prozent die Verliererliste im europäischen Branchentableau an. Die Unicredit-Titel weiteten mit dem Ausbau des Commerzbank-Anteils ihren Kursverlust aus auf mehr als 3 Prozent.

Am Freitagabend noch hatte Analystin Anke Reingen von der kanadischen Bank RBC kommentiert, dass zumindest kurzfristig ein Zusammengehen beider Finanzhäuser weniger wahrscheinlich geworden sei. Sie hatte allerdings auch gewarnt, vom Tisch sei eine Übernahme nicht - auch wenn sie erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen dürfte als bisher von ihr erwartet.

Nach aktueller Einschätzung von JPMorgan-Analystin Delphine Lee ist die Unicredit fest entschlossen, die Commerzbank zu übernehmen. Die Transaktion könnte zwar noch an unterschiedlichen Preisvorstellungen, fehlender staatlicher Unterstützung oder Umsetzungsrisiken insbesondere bei den Kosteneinsparungen scheitern. Bislang habe das Unicredit-Management bei Übernahmen aber Disziplin gezeigt und die Wertschöpfung für die Aktionäre priorisiert, betonte die Expertin.

UBS-Analyst Jason Napier äußerte sich zu Wochenbeginn grundlegender zum Thema Bankenübernahmen in Europa. In der Branche sei das aktuell zwar das größte Gesprächsthema. Eine gestiegene Wahrscheinlichkeit grenzüberschreitender Transaktionen angesichts der Unicredit-Pläne für die Commerzbank sieht Napier aber nicht. Der Fokus verlagere sich indes weg von Aktienrückkäufen als ehemaligem Dreh- und Angelpunkt, und zumindest kleinere Zukäufe seien nun eher denkbar./gl/ajx/stk/gl/nas