BERLIN (dpa-AFX) - Ärztevertreter haben den Vorschlag des Deutschen Städtetags zu verlängerten Öffnungszeiten der Arztpraxen angesichts überfüllter Kliniken als "unverschämt" bezeichnet. "Der Deutsche Städtetag reiht sich ein in die Liste derjenigen, die offenbar keinen blassen Schimmer von den ambulanten Strukturen und ihrer derzeitigen Situation haben", kritisierte der Chef des Virchowbunds, Dirk Heinrich, am Mittwoch. Die Praxen seien durch volle Wartezimmer, krankheitsbedingte Personalengpässe und einen "eklatanten Fachkräftemangel" ebenso überlastet wie die Krankenhäuser.

Der Deutsche Städtetag hatte angesichts der Überfüllung von Kliniken an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte appelliert, ihre Praxen länger und gegebenenfalls auch an Wochenenden und Feiertagen geöffnet zu halten. "Bitte prüfen Sie, Ihre Praxen auch noch nach 18.00 Uhr, am Samstag und Sonntag und an den Feiertagen offen zu halten", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Funke Mediengruppe.

Heinrich kritisierte, dass der Städtetag offenkundig davon ausgehe, dass selbstständig tätige Praxisärzte ein unbegrenztes Potenzial zur Selbstausbeutung hätten. "Allein dies ist schon eine ziemliche Unverschämtheit gegenüber einer Berufsgruppe, mit deren Hilfe die Krise nun bewältigt werden soll." Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands, dessen Vorsitzender Heinrich ebenfalls ist, kritisierte den Vorstoß ebenfalls scharf.

Derzeit sorgen neben Corona auch andere Atemwegserkrankungen wie bei Kindern die RS-Viren für viele schwere Infekte und überlastete Kliniken./bum/DP/stw