Teure Investition: Warum Siemens so tief in die Tasche greift

Vor wenigen Wochen ließ Siemens die Börsenwelt aufhorchen: Der Münchener Industriekonzern will den Software-Spezialisten Altair für rund 10 Milliarden US-Dollar übernehmen – ein Rekorddeal, der sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Mit einem Kaufpreis, der 31-mal dem prognostizierten EBITDA und 14-mal dem Umsatz (inklusive Synergien) entspricht, gehört der Deal zu den teuersten in der Geschichte des Software-Sektors.

Ohne Synergien wird die Transaktion sogar mit dem 59-fachen des Gewinns bewertet – ein Rekordwert, wie die Analysten von Bernstein in einer aktuellen Analyse hervorheben. Zum Vergleich: Bei ähnlichen Software-Deals der letzten zehn Jahre lag das durchschnittliche Multiple deutlich niedriger. Doch Nicholas Green, Analyst bei Bernstein, relativiert: Altairs jährliches Wachstum von 14,4 Prozent seit dem Börsengang 2017 rechtfertige den Preis. Siemens selbst konnte im selben Zeitraum nur ein Wachstum von 11 Prozent vorweisen. „Siemens kauft nicht Margen, sondern Wachstum“, betont Green und hebt Altairs strategische Bedeutung im Bereich Simulationssoftware hervor.

Altair stärkt Siemens' Marktposition

Altair beeindruckt nicht nur mit Wachstum, sondern auch mit einer breiten Kundenbasis und einem diversifizierten Geschäftsfeld. Rund 31 Prozent des Umsatzes stammen aus der Automobilindustrie, 16 Prozent aus der Luft- und Raumfahrt sowie weiteren Branchen. Mit renommierten Kunden wie Apple, Google und Stellantis ergänzt Altair Siemens’ bestehendes Portfolio ideal.

Die Übernahme könnte Siemens helfen, den Software-Anteil am Gesamtumsatz von aktuell 8 Prozent auf 10 Prozent zu steigern. Zudem erwartet Analyst Green, dass Altairs derzeitige Marge von 21 Prozent durch Siemens’ Skaleneffekte auf das branchentypische Niveau von 30 Prozent anwachsen könnte. Damit werde Altair zu einer „sinnvollen Ergänzung für das Digital-Industries-Portfolio“ von Siemens.

Transformation des Siemens-Konzerns gepant

Der Altair-Deal ist mehr als nur eine Übernahme – er markiert einen wichtigen Meilenstein in der strategischen Transformation von Siemens. Der Konzern verfolgt konsequent die Dezentralisierung und den Ausbau seines Software-Geschäfts. Finanziert wird der Kauf durch den Verkauf von Anteilen an Healthineers sowie der Sparte Innomotics.

„Die Transformation von Siemens zu einem fokussierten Software- und Technologieplayer nimmt Fahrt auf“, so Green. Langfristig könnte Siemens damit den Bewertungsabschlag als diversifiziertes Konglomerat verringern und sich als führender Anbieter in der industriellen Simulation etablieren. Analysten sehen großes Potenzial: Das Kursziel von Bernstein liegt bei 220 Euro, ein Plus von mehr als 22 Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau. Ein ambitioniertes Ziel – doch der Altair-Deal zeigt, dass Siemens bereit ist, für die Zukunft zu investieren.