Netflix vor Quartalszahlen: Ist der Zenit erreicht? 

Heute Abend steht Netflix im Rampenlicht der Finanzwelt: Kurz nach 22 Uhr deutscher Zeit veröffentlicht der Streaming-Gigant seine Quartalszahlen. Netflix ist nach den US-Banken das erste große Tech-Unternehmen, das in dieser Berichtssaison Zahlen vorlegt. Die Erwartungshaltung an die Performance ist groß, denn nach einer beachtlichen Rallye – die den Unternehmenswert um über 230 Milliarden US-Dollar steigen ließ – mehren sich Stimmen an der Wall Street, die darauf hindeuten, dass der Zenit erreicht sein könnte.

Beeindruckende Kursrallye – aber wie lange noch?

Seit seinem Tief im Mai 2022 verzeichnete die Netflix-Aktie einen atemberaubenden Anstieg von nahezu 340 %, der in einem Allzeithoch im Oktober dieses Jahres gipfelte. Doch trotz dieser Erfolgsgeschichte gibt es erste Anzeichen, dass das Unternehmen seinen Wachstumsschub verlieren könnte. Laut einem Bloomberg-Bericht konnte Netflix insbesondere durch ein striktes Vorgehen gegen das Teilen von Passwörtern sowie der Einführung günstiger, werbefinanzierter Abonnements deutlich an Umsatz zulegen. Doch einige Experten befürchten, dass diese Maßnahmen ihren Zenit überschritten haben.

Experten warnen: Wachstum könnte an Dynamik verlieren

Kannan Venkateshwar, Analyst bei Barclays, sieht Anzeichen dafür, dass Netflix sich verstärkt auf neue Wachstumstreiber verlassen muss, um weiterhin zweistellige Umsatzzuwächse zu erreichen. Zu diesen Treibern zählt er unter anderem das kostenpflichtige Teilen von Accounts, das sich als zukünftiger Wachstumsmotor erweisen könnte. Allerdings stufte Venkateshwar die Aktie jüngst auf „Untergewichten“ herab und äußerte Bedenken, dass die Erwartungen für das Umsatzwachstum möglicherweise zu optimistisch seien.

Preiserhöhungen als Schlüssel zum Wachstum?

Auf der anderen Seite stehen Analysten, die Netflix weiterhin große Wachstumschancen zusprechen. Ein zentraler Hebel für weiteres Umsatzwachstum könnten Preiserhöhungen sein. Thomas Martin, Senior Portfolio Manager bei Globalt Investments, betont, dass Netflix eine treue Abonnentenbasis aufgebaut hat, die bereit sei, höhere Preise zu zahlen. „Sie haben viel Spielraum, um die Preise zu erhöhen, ohne signifikante Kundeneinbußen befürchten zu müssen“, so Martin. Auch James Heaney, Analyst bei Jefferies, sieht Potenzial in einer solchen Strategie: „Netflix hat sich von einer Premium-Option zu einem wertorientierten Angebot entwickelt, das im Vergleich zur teureren Konkurrenz wie Disney+, MAX und Hulu immer noch günstig ist.“

Kurzfristige Gewinne, langfristige Unsicherheiten

Trotz des Potenzials, durch Preiserhöhungen kurzfristige Gewinne zu erzielen, gibt es auch skeptische Stimmen. Jason Bazinet, Analyst bei Citi, warnt davor, dass die Effekte solcher Maßnahmen nicht von Dauer sein könnten. Zwar könnten Ankündigungen von Preiserhöhungen in den USA die Aktie kurzfristig beflügeln, doch mittelfristig könnten die optimistischen Schätzungen für das Gewinn- und Umsatzwachstum enttäuscht werden. Bazinet sieht das Risiko, dass Netflix die hochgesteckten Ziele – etwa einen Gewinn pro Aktie von 25 US-Dollar im Jahr 2025 – möglicherweise nicht erreicht.