DAX-Rally vor der Wahl: Anleger unterschätzen das Risiko eines Rückschlags

Optimismus dominiert – doch droht eine böse Überraschung?

Die deutschen Aktienmärkte haben seit Monaten einen Höhenflug hingelegt. Der DAX und der paneuropäische Stoxx 600 erreichten zuletzt neue Rekordstände – angetrieben von der Hoffnung auf eine stabile, wirtschaftsfreundliche Regierung nach der Bundestagswahl am 23. Februar. Doch diese Wette könnte riskanter sein, als es auf den ersten Blick scheint.

Ein Blick in die jüngste Vergangenheit zeigt: Wahlen können Anleger eiskalt erwischen. Nach der EU-Wahl 2024 verlor Frankreichs Regierung die Mehrheit – die Folge war ein massiver Ausverkauf an den Börsen. Ein ähnliches Szenario in Deutschland ist nicht ausgeschlossen. „Es gibt ein klares Risiko, dass das Ergebnis nicht so marktfreundlich ausfällt wie derzeit erwartet“, warnt Daniel Murray, stellvertretender CIO von EFG Asset Management. „Wahlen sind heute viel unvorhersehbarer als noch vor ein paar Jahren.“

Hoffnung auf Reformen – aber was passiert, wenn sie ausbleiben?

Viele Investoren setzen darauf, dass die neue Regierung das strikte Schuldenlimit – die sogenannte Schuldenbremse – lockert. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat zwar Gesprächsbereitschaft signalisiert, fordert jedoch zunächst tiefgreifende Einsparungen und Bürokratieabbau. Sollte es zu einer Koalition mit der SPD oder den Grünen kommen, könnte dies die Chancen auf eine Reform erhöhen.

Doch die politische Gemengelage bleibt kompliziert. Die Umfragewerte der AfD sind hoch, und eine langwierige Regierungsbildung ist wahrscheinlich – nach der letzten Bundestagswahl dauerte es zwei Monate. Zudem erfordert eine Verfassungsänderung zur Lockerung der Schuldenbremse eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat. „Das könnte ein entscheidender Katalysator für den Aktienmarkt sein“, meint Aneeka Gupta von WisdomTree UK Ltd. Doch ein starkes AfD-Ergebnis könnte dieses Szenario kippen.

DAX weiter im Höhenflug – doch wie lange noch?

Seit der überraschenden Wahlankündigung im November hat der DAX rund 19 % zugelegt und die US-Indizes S&P 500, Nasdaq und Dow Jones hinter sich gelassen. Besonders der Software-Gigant SAP SE treibt die Rally an. Allein seit Jahresbeginn gewann das Unternehmen 56 Milliarden Euro an Börsenwert hinzu – so viel wie der gesamte Automobilkonzern Mercedes-Benz.

Die Euphorie hat jedoch ihre Schattenseiten. Die Bewertung des DAX ist mittlerweile heiß gelaufen. Der Relative-Stärke-Index signalisiert, dass der Markt in überkauftem Terrain ist – oft ein Vorbote für Korrekturen. „Die Gefahr ist ähnlich wie 2024, als viele Investoren die politischen Risiken unterschätzten und dann eiskalt erwischt wurden“, warnt Gupta.

Auch wenn die Exportstärke deutscher Unternehmen den DAX gegen innenpolitische Unsicherheiten etwas abschirmt, bleibt die Gefahr eines Stimmungsumschwungs hoch. Die kommenden Wochen könnten zur Bewährungsprobe für Anleger werden – v