Rüstungsdeal beflügelt Boeing – Aktie schießt zweistellig nach oben

Ein milliardenschwerer Auftrag des US-Verteidigungsministeriums hat der Boeing-Aktie einen kräftigen Schub verliehen. Der Rüstungskonzern setzte sich gegen Erzrivalen Lockheed Martin durch und sicherte sich den lukrativen Deal zur Lieferung von Kampfflugzeugen. Die unmittelbare Reaktion an der Börse fiel deutlich aus: Am Freitag legte das Papier um rund drei Prozent zu, im Wochenverlauf summierte sich das Plus auf über zehn Prozent.

Für zusätzlichen Optimismus sorgte eine Aussage von Finanzchef Brian West auf einer Bank-of-America-Konferenz. Er prognostizierte einen rückläufigen Barmittelverbrauch im laufenden Quartal – ein Hoffnungsschimmer für Investoren nach einer Reihe finanzieller Belastungen. Die Analysten von Melius Research reagierten prompt und stuften Boeing auf "Kaufen" hoch. Ihrer Einschätzung zufolge befinde sich der Konzern in einer „Phase positiver Nachrichten“, was dem Kurs weiteres Potenzial verleihe.

Technische Warnsignale und Misstrauen am Markt

Trotz der jüngsten Rally bleibt die Skepsis unter Experten groß. Ari Wald, technischer Analyst bei Oppenheimer, warnt vor überzogenen Erwartungen: „Ich bin einfach skeptisch, weil ich seit 2019 einen längerfristigen Trend zu niedrigeren Höchstständen beobachte“, erklärte er gegenüber CNBC. Wald verweist auf ein ähnliches Muster aus dem Jahr 2022, als die Boeing-Aktie kurzfristig zulegte, jedoch rasch wieder unter Druck geriet.

Seiner Einschätzung nach könnten spätere Phasen des aktuellen Bullenmarktes nicht mehr die nötige Dynamik liefern, um Boeing nachhaltig zu stützen. Sollte der Gesamtmarkt schwächeln, werde Boeing als zyklischer Wert erneut nach unten gezogen, warnt er.

Juristische Turbulenzen: Schwerer Vorwurf, schwindendes Vertrauen

Neben dem Marktumfeld belastet eine juristische Altlast die Perspektive des Luftfahrtkonzerns erheblich. Nach Informationen des Wall Street Journal will Boeing offenbar eine frühere Vereinbarung mit dem US-Justizministerium zurückziehen, in der sich das Unternehmen wegen der beiden tödlichen Abstürze der 737-MAX-Jets zu Schuldeingeständnissen bereit erklärt hatte. Damals war Boeing bereit, 487,2 Millionen US-Dollar Strafe zu zahlen und zusätzlich 455 Millionen US-Dollar in neue Sicherheitsmaßnahmen zu investieren.

Ein US-Richter hatte den Vergleich jedoch im Dezember abgelehnt, unter anderem wegen einer umstrittenen Diversity-Klausel. Seither laufen neue Verhandlungen. Das Justizministerium hatte im Mai festgestellt, dass Boeing gegen eine frühere Absprache aus dem Jahr 2021 verstoßen habe – insbesondere nach dem Vorfall im Januar 2024, als sich während eines Alaska-Airlines-Flugs eine Türverkleidung löste.

Sollte es zu einem neuen Deal kommen, droht Boeing die offizielle Einstufung als „verurteilter Schwerverbrecher“ – wegen Betrugs an der US-Luftfahrtbehörde FAA. Richter Reed O’Connor bezeichnete das Fehlverhalten bereits 2023 als „das tödlichste Unternehmensverbrechen in der Geschichte der USA“.

Auch politisch wächst der Druck: Steve Bradbury, unter der neuen Trump-Regierung frisch ernannter stellvertretender Verkehrsminister, kündigte härteres Durchgreifen an: „Wir müssen härter mit Boeing umgehen. Wir müssen härter mit der Branche umgehen.“

Die jüngsten Kursgewinne stehen somit auf einem fragilen Fundament – getragen von Hoffnung, aber überschattet von Altlasten.