Kampf um Vertrauen

Boeing steht erneut vor einem turbulenten Jahr, das die Weichen für die Zukunft des Luftfahrtgiganten stellen könnte. Obwohl das Unternehmen kürzlich einen milliardenschweren Auftrag von der US-Luftwaffe an Land ziehen konnte, bleibt die Stimmung angespannt. Die Gründe dafür sind vielfältig: anhaltende Sicherheitsprobleme, operative Verluste und eine tiefgreifende Vertrauenskrise, die das Image des Unternehmens schwer belastet.

Neuer CEO am Steuer

Im Fokus steht die Ernennung von Kelly Ortberg zum neuen CEO, der ab Ende des Jahres das Ruder übernehmen wird. Ortberg wird die schwierige Aufgabe haben, Boeing aus der Krise zu führen und das ramponierte Vertrauen wiederherzustellen. Besonders im Hinblick auf die immer noch nicht vollständig gelösten Probleme mit der 737 MAX wird Ortberg mit großen Herausforderungen konfrontiert sein. Die Produktionsbeschränkungen aufgrund der Sicherheitsmängel behindern Boeing weiterhin dabei, die hohe Nachfrage nach neuen Flugzeugen zu decken.

Boeing in den roten Zahlen

Finanziell ist die Lage ebenfalls kritisch. Boeing meldete im zweiten Quartal 2024 einen operativen Verlust von 1,4 Milliarden Dollar. Damit setzt sich der Abwärtstrend der letzten Jahre fort. Seit 2019 verzeichnete Boeing kein profitables Jahr mehr und musste bisher kumulierte Verluste von über 33 Milliarden Dollar hinnehmen. Für das Gesamtjahr 2024 prognostizieren Analysten einen Verlust von 3,887 Dollar je Aktie.

Aktie im Sturzflug

Die Aktionäre haben bisher wenig Grund zur Freude: Seit Jahresbeginn hat die Boeing-Aktie rund 36 % an Wert verloren. Eine Trendwende ist nicht in Sicht, und die Anleger zeigen sich zunehmend skeptisch, ob der neue CEO den dringend benötigten Umschwung bringen kann. Nach den zahlreichen Enttäuschungen ist die Geduld der Investoren erschöpft, und viele warten ab, bevor sie wieder Vertrauen in das Unternehmen und seine Aktie fassen.

Maßnahmen zur Krisenbewältigung

Das Management hat verschiedene Maßnahmen angekündigt, um Boeing wieder auf Kurs zu bringen. Dazu gehören unter anderem verstärkte Qualitätskontrollen und Verbesserungen in den Sicherheits- und Produktionsprozessen. Zusätzlich wurde der Rumpflieferant Spirit AeroSystems, der 2005 von Boeing abgespalten wurde, wieder ins Unternehmen integriert, um die Qualitätsstandards zu sichern.

Gefüllte Auftragsbücher trotz Krise

Trotz aller Probleme bleibt die Nachfrage nach Boeing-Flugzeugen hoch. Das Unternehmen verfügt über einen Auftragsbestand von mehr als 5.400 Jets, während Airbus etwa 8.000 offene Bestellungen hat. Dies zeigt, dass das Vertrauen der Kunden in die Produkte von Boeing nach wie vor vorhanden ist, auch wenn das Unternehmen hart daran arbeiten muss, die Produktions- und Qualitätsprobleme in den Griff zu bekommen.

Zukunft bleibt ungewiss

Ob die eingeleiteten Maßnahmen ausreichen werden, um Boeing wieder auf die Erfolgsspur zu führen, bleibt abzuwarten. Fakt ist jedoch, dass der aktuelle CEO Dave Calhoun, der viele dieser Schritte in die Wege geleitet hat, die Früchte seiner Arbeit nicht mehr ernten wird. Er tritt zum Jahresende zurück, und es wird an seinem Nachfolger liegen, das Unternehmen durch diese schwierige Phase zu steuern. 

Heute wird Boeing seine Auslieferungszahlen veröffentlichen, dies könnte uns einen Hinweis auf die momentanen Kapazitäten beim US-Flugzeugbauer geben.