Showdown vor Amerikas höchstem Gericht

Der Pharmariese Bayer steht erneut im Zentrum eines milliardenschweren Rechtsstreits: Im Glyphosat-Verfahren rund um das Unkrautvernichtungsmittel Roundup wurde nun der US Supreme Court angerufen. Bayer versucht, im Fall Durnell ein Grundsatzurteil zu erwirken, das nicht nur die eigene Rechtslage, sondern auch tausende ähnliche Klagen entscheidend beeinflussen könnte. Die Entscheidung des Missouri Court of Appeals hatte die Jury-Verurteilung zur Zahlung von 1,25 Millionen US-Dollar bestätigt – wegen fehlender Krebswarnungen auf dem Produktetikett. Bayer sieht hierin jedoch einen Verstoß gegen das US-Bundesrecht.

Der Konzern argumentiert, dass das Bundesgesetz FIFRA (Federal Insecticide, Fungicide, and Rodenticide Act) vorschreibt, dass US-Bundesstaaten keine weitergehenden Anforderungen an Produktwarnungen stellen dürfen als die Umweltschutzbehörde EPA. Diese hat bisher eine Krebswarnung auf Roundup explizit abgelehnt. Die Position des Konzerns ist eindeutig: Ein Produktlabel darf nicht ohne EPA-Zustimmung geändert werden – andernfalls drohen 50 verschiedene Etikettenregelungen in den einzelnen Bundesstaaten.

Uneinigkeit vor US-Gerichten – Supreme Court als letzte Instanz

Dass der Fall Durnell nun auf dem Weg zur obersten juristischen Instanz ist, zeigt das Spannungsfeld zwischen Bundesrecht und einzelstaatlicher Rechtsprechung. In einem vergleichbaren Fall (Schaffner) hatte ein anderes Bundesgericht nämlich zugunsten von Bayer entschieden. Diese Diskrepanz macht eine höchstrichterliche Klärung wahrscheinlicher – allerdings nicht garantiert. Noch ist unklar, ob der Supreme Court den Fall zur Anhörung annimmt. Und selbst dann bleibt fraglich, ob eine Entscheidung zugunsten Bayers fällt.

Laut Analyst Richard Vosser von JPMorgan ist der Schritt zum Supreme Court „leicht positiv“ zu bewerten. In einer aktuellen Einschätzung beließ die Bank ihre Einstufung für die Bayer-Aktie dennoch auf „Neutral“ mit einem Kursziel von 25 Euro – und dämpfte damit überzogene Erwartungen.

Bayer-Aktie taumelt – Kapitalerhöhung rückt näher

An der Börse sorgte der Rechtsstreit für erneute Verunsicherung: Die Bayer-Aktie fiel zu Wochenbeginn auf ein 20-Jahres-Tief – in einem ohnehin schwachen Marktumfeld. Damit ist der erhoffte technische Ausbruch nach oben endgültig vom Tisch. Vielmehr droht aus charttechnischer Sicht ein ungezügelter Abverkauf, falls zentrale Unterstützungszonen nicht halten.

Operativ wird der Druck auf das Management ebenfalls größer. Eine mögliche Kapitalerhöhung steht im Raum – auch zur endgültigen Bewältigung der Glyphosat-Altlasten. Doch je tiefer der Kurs fällt, desto schwieriger wird eine solche Maßnahme. Die Gefahr: eine massive Verwässerung der Anteile, die bestehende Aktionäre empfindlich treffen könnte. Ein Teufelskreis, den Bayer nur mit einem juristischen Befreiungsschlag durchbrechen kann – vielleicht schon bald am Supreme Court.