Varianz-Kovarianz-Ansatz Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Monte-Carlo-Simulation Nächster Begriff: Varianz
Eine weit verbreitete Methode zur Berechnung des Value at Risk (VaR) und anderer Risikokennzahlen, die einfach anzuwenden ist und eine effiziente Risikoabschätzung für klassische Anlageportfolios ermöglicht
Der Varianz-Kovarianz-Ansatz ist eine mathematische Methode zur Berechnung des Value at Risk (VaR) und anderer Risikokennzahlen im Finanzwesen. Er basiert auf den Annahmen, dass Anlagerenditen normalverteilt sind und dass das Gesamtrisiko eines Portfolios durch die Volatilitäten (Varianz) einzelner Wertpapiere sowie deren Abhängigkeiten (Kovarianzen) bestimmt wird. Diese Methode wird häufig von Banken, Investmentfonds und Risikomanagern verwendet, da sie eine relativ einfache und effiziente Möglichkeit bietet, das Risiko eines Portfolios zu quantifizieren.
Definition und Grundlagen
Der Varianz-Kovarianz-Ansatz basiert auf statistischen Kennzahlen wie der Varianz, die das Risiko einzelner Wertpapiere misst, und der Kovarianz, die angibt, wie sich zwei Wertpapiere gemeinsam bewegen. Das Modell nutzt die Standardabweichung (Volatilität) der Renditen und die Korrelationen zwischen Vermögenswerten, um den Gesamtrisikowert eines Portfolios zu berechnen.
Das zentrale Konzept dieses Ansatzes ist:
wobei:
- der z-Wert der Normalverteilung für das gewählte Konfidenzniveau ist (z. B. 1,65 für 95 % oder 2,33 für 99 %),
- die Portfolio-Standardabweichung ist,
- der Zeitraum in Tagen ist, für den das Risiko berechnet wird.
Berechnung des Portfoliorisikos mit dem Varianz-Kovarianz-Ansatz
Für ein Portfolio mit zwei Wertpapieren ergibt sich die Portfolio-Varianz wie folgt:
wobei:
- die Gewichtungen der Wertpapiere im Portfolio sind,
- die Standardabweichungen der einzelnen Wertpapiere sind,
- die Korrelation zwischen den Wertpapieren ist.
Falls das Portfolio aus mehr als zwei Wertpapieren besteht, wird die Formel mit einer Kovarianzmatrix erweitert, die die Beziehungen aller Wertpapiere untereinander berücksichtigt.
Beispiel für eine Berechnung mit dem Varianz-Kovarianz-Ansatz
Angenommen, ein Portfolio besteht aus zwei Wertpapieren:
- Aktie A: Gewicht , Volatilität
- Aktie B: Gewicht , Volatilität
- Korrelation zwischen A und B:
Die Portfolio-Varianz berechnet sich dann als:
Angenommen, das Portfolio hat einen Wert von 1 Million €, dann beträgt der VaR für ein 1-Tages-Risiko bei 95 % Konfidenzniveau:
Das bedeutet, dass das Portfolio mit 95 % Wahrscheinlichkeit nicht mehr als 359.700 € an einem Tag verlieren wird.
Vorteile des Varianz-Kovarianz-Ansatzes
- Einfache Berechnung: Da nur die Standardabweichungen und Korrelationen benötigt werden, ist die Methode rechnerisch effizient.
- Geringer Rechenaufwand: Im Vergleich zur historischen Simulation oder Monte-Carlo-Simulation ist die Berechnung schneller und weniger ressourcenintensiv.
- Gute Anwendbarkeit bei linearen Portfolios: Besonders nützlich für traditionelle Anlageportfolios mit Aktien und Anleihen.
Nachteile und Grenzen des Ansatzes
- Annahme der Normalverteilung: Die Methode geht davon aus, dass Renditen normalverteilt sind. In der Realität treten jedoch fat tails (extreme Verluste) häufiger auf als in einer Normalverteilung.
- Unterschätzt Extremrisiken (Tail-Risk): Große Marktbewegungen wie die Finanzkrise 2008 oder der Flash-Crash 2010 werden nicht adäquat erfasst.
- Feste Korrelationen: Die Methode nimmt konstante Korrelationen an, obwohl sich diese in Krisenzeiten stark verändern können.
- Nicht für komplexe Derivate geeignet: Für nicht-lineare Finanzprodukte wie Optionen ist die Methode nicht ausreichend präzise.
Alternative Methoden zur Risikomessung
Da der Varianz-Kovarianz-Ansatz einige Schwächen aufweist, werden in der Praxis oft alternative Methoden eingesetzt:
Methode | Beschreibung |
---|---|
Historische Simulation | Betrachtet echte historische Kursbewegungen zur Schätzung von Risiken. |
Monte-Carlo-Simulation | Simuliert viele zufällige Szenarien zur Abschätzung von Verlustwahrscheinlichkeiten. |
Expected Shortfall (CVaR) | Erweitert den VaR, indem er den durchschnittlichen Verlust in extremen Fällen betrachtet. |
Extreme Value Theory (EVT) | Modelliert speziell extreme Marktereignisse, um Tail-Risiken besser zu erfassen. |
Fazit
Der Varianz-Kovarianz-Ansatz ist eine weit verbreitete Methode zur Berechnung des Value at Risk (VaR) und anderer Risikokennzahlen. Er ist einfach anzuwenden und ermöglicht eine effiziente Risikoabschätzung für klassische Anlageportfolios. Allerdings basiert er auf der Annahme, dass Renditen normalverteilt sind, was in der Realität oft nicht zutrifft. Dadurch kann er extreme Marktrisiken unterschätzen. In der modernen Finanzpraxis wird er daher oft mit anderen Methoden wie der Monte-Carlo-Simulation oder dem Expected Shortfall (CVaR) kombiniert, um eine realistischere Risikoeinschätzung zu ermöglichen.