Nixon-Schock vom 15. August 1971 Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Energiekrise der 1970er Nächster Begriff: Savings-and-Loan-Krise der 1980er
Die Entscheidung, die Goldbindung des Dollars aufzuheben, führte zum Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und wurde dadurch eines der bedeutendsten Ereignisse der modernen Finanzgeschichte
Der Nixon-Schock vom 15. August 1971 war ein entscheidendes Ereignis in der modernen Finanzgeschichte, das die internationale Wirtschaftsordnung grundlegend veränderte. An diesem Tag verkündete der damalige US-Präsident Richard Nixon eine Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen, die insbesondere die Aufhebung der direkten Konvertierbarkeit des US-Dollars in Gold beinhalteten. Diese Entscheidung bedeutete das Ende des Bretton-Woods-Systems, das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Währungsstabilität sichergestellt hatte. Die Folgen des Nixon-Schocks waren tiefgreifend: Es begann die Ära der flexiblen Wechselkurse, und die Weltwirtschaft erlebte eine Phase starker Inflation und geopolitischer Unsicherheiten.
Hintergrund: Das Bretton-Woods-System und seine Probleme
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1944 das Bretton-Woods-System geschaffen, um eine stabile Weltwirtschaftsordnung zu gewährleisten. Im Zentrum dieses Systems stand der US-Dollar, der als globale Leitwährung diente. Der Dollar war direkt an den Goldpreis gebunden, und die USA verpflichteten sich, ausländischen Zentralbanken ihre Dollarreserven jederzeit zum festen Kurs von 35 US-Dollar pro Feinunze Gold einzutauschen. Alle anderen Währungen waren wiederum an den Dollar gekoppelt, was für stabile Wechselkurse sorgen sollte.
In den 1950er- und frühen 1960er-Jahren funktionierte das System weitgehend reibungslos, da die USA über große Goldreserven verfügten und das weltweite Wirtschaftswachstum stark war. Doch mit der Zeit geriet das System unter Druck:
- Steigende Handelsdefizite der USA: Die Vereinigten Staaten importierten mehr Waren, als sie exportierten, was zu einem hohen Leistungsbilanzdefizit führte. Dadurch sammelten andere Länder immer mehr US-Dollar an.
- Vietnamkrieg und Sozialausgaben: Die hohen Kosten des Vietnamkriegs und innenpolitische Programme wie der „Great Society“ von Präsident Lyndon B. Johnson führten zu steigenden Staatsausgaben und einer wachsenden Geldmenge.
- Inflation und Vertrauensverlust: Die zunehmende Dollarmenge führte zu Inflation, und viele Länder begannen daran zu zweifeln, ob die USA wirklich genügend Goldreserven besaßen, um alle ausgegebenen Dollar zu decken.
- Goldabflüsse aus den USA: Länder wie Frankreich und Deutschland tauschten große Mengen ihrer Dollarreserven gegen Gold, wodurch die Goldreserven der USA gefährlich schrumpften.
Bis 1971 wurde die Lage unhaltbar: Immer mehr Länder forderten Gold im Austausch für ihre Dollarbestände, und es bestand die Gefahr, dass die USA ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen konnten.
Der Nixon-Schock vom 15. August 1971
Um die wirtschaftliche Stabilität der USA zu sichern und den Druck auf den Dollar zu verringern, kündigte Präsident Richard Nixon am 15. August 1971 in einer Fernsehansprache drei wesentliche Maßnahmen an:
- Aufhebung der Goldbindung des US-Dollars: Die USA würden keine Dollar mehr gegen Gold einlösen. Dies beendete faktisch das Bretton-Woods-System und führte zur Einführung flexibler Wechselkurse.
- Einführung von Importzöllen: Ein temporärer Importzoll von 10 % sollte das Handelsbilanzdefizit der USA reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie stärken.
- Lohn- und Preiskontrollen: Um die Inflation zu bekämpfen, wurden vorübergehende Lohn- und Preiskontrollen eingeführt, um eine Preisspirale zu verhindern.
Diese Maßnahmen wurden als „Schock“ wahrgenommen, da sie unerwartet kamen und das internationale Währungssystem drastisch veränderten.
Kurzfristige und langfristige Folgen
Die unmittelbare Folge des Nixon-Schocks war eine starke Unsicherheit auf den Finanzmärkten. Der Dollar verlor an Wert, während andere Währungen, insbesondere die Deutsche Mark und der japanische Yen, stark aufwerteten.
Einige der langfristigen Auswirkungen waren:
- Ende des Goldstandards: Die Entscheidung Nixons bedeutete das endgültige Ende eines goldgedeckten Währungssystems. Stattdessen etablierten sich flexible Wechselkurse, bei denen der Markt den Wert einer Währung bestimmte.
- Dollardominanz trotz Wertverlusts: Obwohl der Dollar an Wert verlor, blieb er die wichtigste internationale Reservewährung. Viele Rohstoffe wie Öl wurden weiterhin in Dollar gehandelt, wodurch die USA einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil behielten.
- Steigende Inflation: Ohne die Goldbindung konnte die US-Notenbank (Fed) mehr Geld drucken, was in den folgenden Jahren zu einer hohen Inflation führte. Besonders in den 1970er Jahren stiegen die Preise stark an, was unter anderem die Energiekrisen verstärkte.
- Neue wirtschaftspolitische Strategien: Regierungen mussten neue Wege finden, um wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten, da sie nicht mehr durch feste Wechselkurse abgesichert waren. Dies führte zur stärkeren Rolle von Zentralbanken bei der Steuerung der Geldpolitik.
Bedeutung für die heutige Finanzwelt
Der Nixon-Schock war ein Wendepunkt in der internationalen Finanzgeschichte. Seit 1971 leben wir in einer Welt mit Fiat-Währungen, bei denen der Wert nicht mehr durch Gold oder andere physische Rohstoffe gedeckt ist, sondern ausschließlich auf Vertrauen basiert.
Einige zentrale Entwicklungen, die auf den Nixon-Schock zurückgehen, sind:
- Dominanz des US-Dollars: Der Dollar blieb trotz allem die Leitwährung der Welt. Länder halten große Dollarreserven, und viele globale Transaktionen werden in Dollar abgewickelt.
- Wichtige Rolle der Zentralbanken: Da feste Wechselkurse weggefallen sind, haben Zentralbanken heute viel mehr Einfluss auf die Wirtschaft, indem sie die Geldmenge und Zinssätze steuern.
- Schwankende Wechselkurse: Währungen schwanken heute stärker, was Vor- und Nachteile für Unternehmen und Investoren mit sich bringt. Während flexible Wechselkurse wirtschaftliche Anpassungen erleichtern, können sie auch Unsicherheiten verursachen.
Fazit
Der Nixon-Schock vom 15. August 1971 war eines der bedeutendsten Ereignisse der modernen Finanzgeschichte. Die Entscheidung, die Goldbindung des Dollars aufzuheben, führte zum Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und veränderte das globale Währungssystem grundlegend. Seitdem gibt es keine festen Wechselkurse mehr, und Fiat-Währungen dominieren die Weltwirtschaft.
Die Folgen des Nixon-Schocks sind bis heute spürbar. Während einige Länder und Investoren die Flexibilität des aktuellen Systems schätzen, gibt es auch Kritiker, die argumentieren, dass der Verlust der Goldbindung zu einer exzessiven Geldpolitik und hoher Inflation geführt hat. Sicher ist jedoch, dass der Nixon-Schock die Grundlage für das heutige globale Finanzsystem gelegt hat, in dem Vertrauen und Marktmechanismen eine größere Rolle spielen als feste monetäre Standards.