MakerDAO (DAI) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Krypto-besicherte Stablecoins Nächster Begriff: Burn and Mint-Mechanismus
Ein erster großer dezentraler Stablecoin, der bewies, dass es möglich ist, Preisstabilität auch ohne zentrale Instanzen oder Fiat-Deckung zu erreichen
MakerDAO ist eines der ältesten und bekanntesten Protokolle im Bereich der dezentralen Finanzwirtschaft (Decentralized Finance, kurz DeFi) und steht hinter dem Stablecoin DAI. Im Gegensatz zu zentralisierten Stablecoins wie USDT oder USDC, die durch Fiat-Währungen gedeckt und von zentralen Unternehmen verwaltet werden, ist DAI ein vollständig dezentral organisierter, kryptobesicherter Stablecoin. Er zielt darauf ab, die Preisstabilität gegenüber dem US-Dollar zu gewährleisten, ohne dabei zentrale Instanzen oder klassische Bankinfrastrukturen zu benötigen.
Das zugrunde liegende Protokoll wird von der MakerDAO-Organisation betrieben, einer dezentralen autonomen Organisation (DAO), die auf der Ethereum-Blockchain agiert. Durch die Verwendung von Smart Contracts, Krypto-Sicherheiten und einem Governance-Token (MKR) schafft MakerDAO ein ökonomisch und technisch komplexes System, das Stabilität, Transparenz und Zensurresistenz anstrebt.
Grundprinzipien des MakerDAO-Systems
Das Herzstück von MakerDAO ist das Prinzip der überbesicherten Kreditaufnahme. Nutzer können eigene Kryptowährungen (z. B. ETH, wBTC, USDC) als Sicherheit in einem Smart Contract hinterlegen und im Gegenzug den Stablecoin DAI generieren. Dieser Vorgang wird als Opening a Vault (früher: Collateralized Debt Position, CDP) bezeichnet.
Der dabei erzeugte DAI ist kein Fiat-gestützter Dollar, sondern ein durch Sicherheiten gedeckter Token mit einem Zielwert von 1 US-Dollar. Um Schwankungen im Wert der Sicherheiten auszugleichen, ist die Mindestbesicherungsquote in der Regel deutlich über 100 %. Für ETH beispielsweise liegt sie oft bei mindestens 150 %, was bedeutet:
Beispiel: Ein Nutzer hinterlegt 1 ETH im Wert von 2.000 USD und die Mindestbesicherung beträgt 150 %. Er darf maximal
generieren. Wird diese Schwelle unterschritten, kann es zur Liquidation kommen, um das System abzusichern.
Kernbestandteile des MakerDAO-Ökosystems
- DAI: Der Stablecoin selbst, dessen Zielwert 1 USD beträgt. Er kann gehandelt, gespart oder als Zahlungsmittel genutzt werden.
- Vaults: Smart Contracts, in denen Nutzer Sicherheiten hinterlegen, um DAI zu erzeugen.
- MKR (Maker Token): Governance-Token, der Inhabern das Recht gibt, über Parameter wie Besicherungsquoten, Zinssätze (Stability Fee) oder neue Sicherheitenarten abzustimmen.
- Stability Fee: Ein Zinssatz, den Nutzer zahlen müssen, um ihre Vaults offen zu halten. Diese Gebühr wird in DAI bezahlt und dient zur Steuerung des Angebots.
- Liquidationssystem: Wird eine Position unterbesichert, kann sie durch ein automatisiertes Auktionssystem liquidiert werden. Das schützt das Protokoll vor Verlusten.
Stabilitätsmechanismen von DAI
Obwohl DAI nicht durch Fiat gedeckt ist, bleibt sein Wert in der Nähe von 1 USD. Die Preisstabilität wird durch verschiedene Mechanismen erreicht:
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Angebot-Nachfrage-Steuerung: Steigt der DAI-Preis über 1 USD, wird das Öffnen neuer Vaults attraktiver, weil man für weniger Sicherheiten mehr DAI generieren kann – das erhöht das Angebot und senkt den Preis. Umgekehrt reduziert ein Preis unter 1 USD die Nachfrage nach neuen DAI, wodurch sich der Preis wieder stabilisiert.
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Stability Fee und DAI Savings Rate (DSR): Die Stability Fee verteuert das Erzeugen von DAI, die DSR wiederum belohnt das Halten von DAI. Beide Raten werden dynamisch durch die DAO angepasst, um Inflation oder Deflation auszugleichen.
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Pegged Asset Management: In bestimmten Marktphasen kann die DAO DAI direkt mit anderen Stablecoins wie USDC oder PAX tauschen oder als Sicherheit zulassen, um Preisstabilität zu verbessern.
Mathematische Modellierung der Besicherung
Die Höhe des Liquidationspreises lässt sich folgendermaßen berechnen:
Wenn zum Beispiel ein Nutzer 1.000 DAI aufnimmt und 1 ETH als Sicherheit hinterlegt, beträgt der Liquidationspreis bei einer 150 %-Besicherung:
Fällt der ETH-Preis unter 1.500 USD, wird die Position automatisch liquidiert.
Sicherheiten im MakerDAO-System
Ursprünglich akzeptierte MakerDAO nur ETH als Sicherheit. Mittlerweile erlaubt das Protokoll eine Vielzahl an Sicherheiten, darunter:
- ETH (Ethereum)
- WBTC (Wrapped Bitcoin)
- USDC (Fiat-gestützter Stablecoin)
- LINK, UNI, MANA (andere Token)
Jede Sicherheitsart erhält eigene Parameter wie Besicherungsquote, Liquidationsgrenze und Stability Fee. Die Diversifikation soll die Abhängigkeit von einzelnen Assets verringern, birgt aber auch das Risiko, systemfremde Assets wie USDC in das dezentrale System zu integrieren.
Governance durch MKR-Token
Die Governance von MakerDAO erfolgt durch MKR-Token-Inhaber. Sie stimmen über zentrale Protokollparameter ab, wie:
- Neue Assets als Sicherheiten hinzufügen
- Höhe der Stability Fee oder DSR
- Anpassung von Risikoparametern
- Strategien zur Reserveverwaltung
Die Entscheidungsmacht ist proportional zur gehaltenen MKR-Menge. Ziel ist es, durch kollektive Steuerung die Stabilität und Sicherheit des Systems zu gewährleisten. MKR-Token selbst werden bei Protokollverlusten verbrannt, wodurch ein direkter Anreiz zur verantwortungsvollen Governance besteht.
Risiken und Herausforderungen
Trotz aller Mechanismen ist MakerDAO nicht frei von Risiken:
- Liquidationsrisiken: Schnelle Kursverfälle wie beim „Black Thursday“ im März 2020 führten dazu, dass zahlreiche Vaults unterbesichert wurden und Liquidationen zu sehr niedrigen Preisen stattfanden.
- Governance-Zentralisierung: Obwohl dezentral organisiert, ist die reale Stimmverteilung oft stark konzentriert auf wenige Adressen oder große Akteure.
- Abhängigkeit von zentralisierten Assets: Die Integration von USDC als Sicherheit wurde kritisiert, da sie potenzielle Zensur durch externe Institutionen ermöglicht.
- Systemkomplexität: Das Modell ist technisch anspruchsvoll und schwer verständlich für durchschnittliche Nutzer, was die Adoption begrenzen kann.
Aktuelle Entwicklungen
MakerDAO hat in den letzten Jahren mehrere strategische Erweiterungen vorgenommen:
- Einführung von Real World Assets (RWA) wie Tokenisierung von Krediten oder Staatsanleihen
- Aufbau des Endgame-Plans, der eine Modularisierung des Protokolls vorsieht
- Schaffung eines eigenen Yield-Farms- und Investmentsystems zur nachhaltigen Finanzierung
- Expansion auf Layer-2-Lösungen wie Optimism und Arbitrum zur Senkung der Transaktionskosten
Fazit
MakerDAO und sein Stablecoin DAI sind Meilensteine der DeFi-Entwicklung. Als erster großer dezentraler Stablecoin bewies DAI, dass es möglich ist, Preisstabilität auch ohne zentrale Instanzen oder Fiat-Deckung zu erreichen. Das System kombiniert wirtschaftliche Anreize, Smart Contracts, mathematische Regeln und Governance-Mechanismen zu einem hochdynamischen Finanzinstrument.
Allerdings ist die Komplexität des Systems sowohl seine Stärke als auch seine Schwäche. Während MakerDAO flexibel auf Marktsituationen reagieren kann, birgt es auch Risiken durch technische Fehler, Governance-Konflikte und externe Abhängigkeiten. Dennoch bleibt DAI ein zentrales Element im DeFi-Ökosystem und ein wegweisendes Beispiel für dezentrale Finanzarchitektur.