Finanzkrise (2008) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Jordan Belfort (1998) Nächster Begriff: Flash Crash (2010)
Eine der schwersten wirtschaftlichen Katastrophen der Neuzeit, die durch eine Mischung aus riskanter Spekulation, laxer Regulierung und exzessiver Kreditvergabe verursacht wurde
Die Finanzkrise von 2008 war eine der schwersten globalen Wirtschaftskrisen der modernen Geschichte. Sie begann als Immobilien- und Bankenkrise in den USA, weitete sich jedoch schnell auf die gesamte Weltwirtschaft aus. Charakteristisch für die Krise waren der Zusammenbruch großer Finanzinstitute, eine dramatische Kreditklemme, massive Börseneinbrüche und eine tiefe Rezession in vielen Ländern. Die Ursachen lagen in exzessiver Risikobereitschaft, unzureichender Regulierung und der weitverbreiteten Verwendung komplexer Finanzprodukte. Die Krise führte zu umfassenden Reformen im Finanzsektor und einem Umdenken in der Wirtschaftspolitik.
Ursachen der Finanzkrise
Die Finanzkrise von 2008 war das Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren, die sich über Jahre hinweg aufbauten.
1. Immobilienblase in den USA
In den Jahren vor 2008 erlebte der US-Immobilienmarkt einen starken Boom:
- Billige Kredite und niedrige Zinsen: Die US-Notenbank (Federal Reserve) hielt die Zinsen über Jahre hinweg niedrig, was Kredite für Hauskäufe günstig machte.
- Hypothekenvergabe an risikoreiche Kreditnehmer: Banken vergaben zunehmend sogenannte Subprime-Hypotheken an Kunden mit schlechter Bonität, oft ohne ausreichende Bonitätsprüfung.
- Steigende Immobilienpreise: Viele Käufer spekulierten darauf, dass die Hauspreise weiter steigen würden, und nahmen Kredite auf, die sie sich langfristig nicht leisten konnten.
2. Verbriefung und komplexe Finanzprodukte
Die Banken bündelten die vergebenen Hypotheken zu Mortgage-Backed Securities (MBS) und verkauften diese als sichere Anlageprodukte an Investoren weltweit.
- Collateralized Debt Obligations (CDOs): Banken strukturierten MBS in verschiedene Risikoklassen und schufen daraus neue Wertpapiere, die als besonders sicher galten.
- Fehlbewertung durch Ratingagenturen: Viele dieser Finanzprodukte erhielten trotz hoher Risiken beste Bonitätsnoten (AAA) von Ratingagenturen wie Moody’s oder Standard & Poor’s.
- Globale Verbreitung: Banken, Pensionsfonds und Versicherungen investierten massiv in diese Produkte, ohne die tatsächlichen Risiken vollständig zu verstehen.
3. Exzessive Spekulation und zu hohe Verschuldung
- Hoher Leverage (Fremdkapitaleinsatz): Banken und Hedgefonds arbeiteten mit enormen Krediten, um ihre Gewinne zu maximieren.
- Deregulierung der Finanzmärkte: Die Regulierungsbehörden hatten in den Jahren zuvor viele Beschränkungen für Banken gelockert, wodurch riskante Geschäfte erleichtert wurden.
- Fehlendes Risikomanagement: Viele Finanzinstitute unterschätzten das systemische Risiko und gingen hohe Wetten auf weiter steigende Immobilienpreise ein.
Verlauf der Finanzkrise
2007: Erste Anzeichen der Krise
- Im Frühjahr 2007 begannen erste Subprime-Hypotheken auszusetzen: Kreditnehmer konnten ihre Raten nicht mehr zahlen.
- Banken wie Bear Stearns und Lehman Brothers meldeten Verluste in Milliardenhöhe.
- Hedgefonds mit hohen Investitionen in Immobilienanleihen gingen bankrott.
September 2008: Zusammenbruch von Lehman Brothers
- Am 15. September 2008 meldete die Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an, die größte Bankenpleite der Geschichte.
- Panik brach aus, da viele Banken befürchteten, dass ihre eigenen Vermögenswerte stark an Wert verloren hatten.
- Das weltweite Vertrauen in das Finanzsystem brach zusammen, und der Kreditmarkt trocknete aus.
Bankenrettungen und staatliche Eingriffe
- Die US-Regierung rettete mehrere systemrelevante Banken, darunter AIG (American International Group), Citigroup und Bank of America.
- Das Troubled Asset Relief Program (TARP) wurde ins Leben gerufen und stellte 700 Milliarden US-Dollar für Bankenrettungen bereit.
- Die Federal Reserve und andere Zentralbanken senkten die Zinsen drastisch und pumpten Milliarden in das Finanzsystem.
Globale Auswirkungen
- Wirtschaftseinbruch: Die Krise löste eine weltweite Rezession aus, viele Unternehmen gingen bankrott.
- Massenarbeitslosigkeit: In den USA stieg die Arbeitslosenquote von etwa 5 % auf über 10 %.
- Staatskrisen in Europa: Länder wie Griechenland, Irland und Spanien gerieten in eine Schuldenkrise, die später zur Eurokrise führte.
Maßnahmen zur Bewältigung der Krise
1. Geld- und Fiskalpolitik
- Staatliche Konjunkturprogramme: Länder wie die USA, Deutschland und China investierten massiv in Infrastrukturprojekte, um die Wirtschaft anzukurbeln.
- Niedrigzinsen und expansive Geldpolitik: Die Zentralbanken (Fed, EZB) senkten die Zinsen auf nahe 0 % und führten Quantitative Easing (Geldmengenausweitung) durch.
2. Finanzmarktreformen
- Dodd-Frank Act (2010, USA):
- Strengere Regulierung für Banken und Hedgefonds
- Begrenzung des Eigenhandels von Banken
- Einführung der Volcker-Regel zur Verhinderung exzessiver Spekulation
- Basel-III-Regelungen (international):
- Höhere Eigenkapitalanforderungen für Banken
- Verbesserte Risikokontrollen
Langfristige Folgen der Finanzkrise
1. Stärkere Bankenregulierung
- Regierungen und Zentralbanken führten neue Vorschriften ein, um exzessive Spekulationen zu verhindern.
- Banken müssen heute mehr Eigenkapital halten, um künftige Krisen besser zu überstehen.
2. Anstieg der Staatsverschuldung
- Durch die Bankenrettungen und Konjunkturprogramme stieg die Staatsverschuldung in vielen Ländern massiv an.
- Die Krise führte in einigen Ländern (z. B. Griechenland) zu langanhaltenden Sparmaßnahmen.
3. Veränderungen im Finanzmarkt
- Banken sind heute vorsichtiger bei der Kreditvergabe.
- FinTechs und alternative Finanzierungsmodelle haben an Bedeutung gewonnen.
4. Soziale und politische Folgen
- Die Finanzkrise verstärkte das Misstrauen gegenüber Banken und Regierungen.
- Sie führte zu einem Anstieg populistischer Bewegungen und gesellschaftlicher Ungleichheiten.
Fazit
Die Finanzkrise von 2008 war eine der schwersten wirtschaftlichen Katastrophen der Neuzeit. Sie wurde durch eine Mischung aus riskanter Spekulation, laxer Regulierung und exzessiver Kreditvergabe verursacht. Ihr Höhepunkt war der Zusammenbruch von Lehman Brothers, der das globale Finanzsystem ins Wanken brachte.
Durch massive staatliche Rettungsprogramme konnte ein völliger Kollaps verhindert werden, doch die wirtschaftlichen und sozialen Folgen waren jahrelang spürbar. Die Krise führte zu tiefgreifenden Reformen des Finanzsektors, doch viele Experten warnen, dass ähnliche Risiken weiterhin bestehen. Sie bleibt ein mahnendes Beispiel für die Gefahren unkontrollierter Finanzmärkte und die Notwendigkeit solider Regulierung.