Fannie Mae (2007/2008) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Freddie Mac (2007/2008) Nächster Begriff: Bear Stearns (2007/2008)
Eine Institution, die eine zentrale Rolle in der Finanzkrise 2007/2008 spielte, indem sie riskante Hypotheken übernahm und diese in großem Stil an Investoren weiterverkaufte
Die Federal National Mortgage Association (Fannie Mae) spielte eine zentrale Rolle in der Finanzkrise 2007/2008. Als eine der größten Hypothekenfinanzierungsinstitutionen in den USA war Fannie Mae tief in den Immobilienmarkt eingebunden. Ihr Geschäftsmodell basierte darauf, Hypotheken aufzukaufen, zu bündeln und als Mortgage-Backed Securities (MBS) an Investoren weiterzuverkaufen. Während des Immobilienbooms in den frühen 2000er-Jahren übernahm Fannie Mae zunehmend riskante Kredite, was letztendlich zu massiven Verlusten führte. Aufgrund der systemischen Bedeutung von Fannie Mae und der Schwesterinstitution Freddie Mac sah sich die US-Regierung 2008 gezwungen, das Unternehmen zu retten und unter staatliche Kontrolle zu stellen.
Hintergrund: Die Rolle von Fannie Mae
Fannie Mae wurde 1938 während der Großen Depression gegründet, um den Wohnungsmarkt zu stabilisieren. Ziel war es, Banken mehr Liquidität für die Vergabe von Hypotheken zur Verfügung zu stellen.
Das Unternehmen gehört zusammen mit Freddie Mac (Federal Home Loan Mortgage Corporation, FHLMC) zu den Government-Sponsored Enterprises (GSEs) – also staatlich unterstützten, aber privatwirtschaftlich geführten Unternehmen.
Hauptaufgaben von Fannie Mae:
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Aufkauf von Hypotheken
- Banken und Kreditinstitute verkauften ihre Hypotheken an Fannie Mae, um mehr Kapital für neue Kredite zu erhalten.
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Verbriefung und Verkauf als MBS
- Fannie Mae bündelte diese Hypotheken in Wertpapieren (Mortgage-Backed Securities, MBS) und verkaufte sie an Investoren weltweit.
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Sicherung des Hypothekenmarktes
- Durch den Kauf von Hypotheken sorgte Fannie Mae für eine konstante Kreditvergabe und niedrige Hypothekenzinsen.
Die Rolle von Fannie Mae in der Immobilienblase (2000–2006)
In den frühen 2000er-Jahren wuchs der US-Immobilienmarkt stark, angetrieben durch niedrige Zinsen und eine expansive Kreditvergabe. Fannie Mae spielte eine wichtige Rolle in diesem Boom, indem sie zunehmend riskantere Hypotheken kaufte und in ihre Wertpapiere aufnahm.
Einige Entwicklungen, die zu den Problemen führten:
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Zunehmender Kauf von Subprime- und Alt-A-Hypotheken:
- Subprime-Kredite wurden an Kreditnehmer mit schlechter Bonität vergeben.
- Alt-A-Kredite lagen zwischen Prime- und Subprime-Niveau und hatten oft unzureichende Dokumentationen.
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Expansion des MBS-Marktes:
- Fannie Mae verkaufte immer mehr Mortgage-Backed Securities an Investoren, die die Risiken unterschätzten.
- Viele dieser Wertpapiere wurden von Ratingagenturen fälschlicherweise als sicher eingestuft.
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Geringe Kapitalreserven:
- Fannie Mae hielt zu wenig Eigenkapital, um mögliche Verluste abzufedern.
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Spekulation auf steigende Immobilienpreise:
- Es wurde angenommen, dass Immobilienwerte immer weiter steigen würden und sich Kreditrisiken dadurch minimieren ließen.
Die Krise von Fannie Mae (2007–2008)
Als die Immobilienblase 2007 platzte, geriet Fannie Mae schnell in finanzielle Schwierigkeiten:
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Anstieg der Zahlungsausfälle
- Immer mehr Hausbesitzer konnten ihre Hypotheken nicht mehr bedienen.
- Der Wert der von Fannie Mae gehaltenen Hypotheken sank rapide.
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Abwertung von Mortgage-Backed Securities
- Banken und Investoren verloren das Vertrauen in MBS, da sich herausstellte, dass viele dieser Papiere faule Kredite enthielten.
- Ratingagenturen stuften MBS und Unternehmensanleihen von Fannie Mae herab.
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Kollaps der Aktienkurse
- Der Aktienkurs von Fannie Mae fiel zwischen 2007 und 2008 um über 90 %.
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Liquiditätsprobleme
- Fannie Mae hatte Schwierigkeiten, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren, da Investoren das Vertrauen verloren.
Regierungseingriff: Rettung und Verstaatlichung
Im September 2008 wurde klar, dass Fannie Mae und Freddie Mac kurz vor dem Zusammenbruch standen. Da die beiden Institutionen für rund 50 % aller Hypotheken in den USA verantwortlich waren, hätte ihr Ausfall das gesamte Finanzsystem destabilisiert.
Die US-Regierung griff mit einer historischen Rettungsaktion ein:
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Verstaatlichung am 7. September 2008
- Die Federal Housing Finance Agency (FHFA) übernahm die Kontrolle über Fannie Mae.
- Das Unternehmen wurde unter Zwangsverwaltung (Conservatorship) gestellt.
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Kapitalhilfe der US-Regierung
- Das Finanzministerium stellte 200 Milliarden US-Dollar zur Stabilisierung bereit.
- Insgesamt wurden bis 2012 187 Milliarden US-Dollar in Fannie Mae und Freddie Mac investiert.
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Garantien für MBS-Anleger
- Um das Vertrauen in den Hypothekenmarkt wiederherzustellen, garantierte die Regierung die von Fannie Mae ausgegebenen Mortgage-Backed Securities.
Diese Maßnahmen verhinderten einen noch größeren wirtschaftlichen Kollaps und stabilisierten den Hypothekenmarkt.
Langfristige Folgen der Krise von Fannie Mae
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Strengere Banken- und Hypothekenregulierung
- Der Dodd-Frank Act (2010) führte neue Regeln zur Vermeidung riskanter Kreditvergabe ein.
- Die Kontrolle durch die FHFA wurde verschärft.
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Steuerzahlerverluste und Teilrückzahlungen
- Die Rettung von Fannie Mae kostete die US-Regierung Milliarden.
- Ein Teil der Gelder wurde durch spätere Gewinne von Fannie Mae zurückgezahlt.
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Striktere Kreditvergabekriterien
- Banken mussten strengere Bonitätsprüfungen durchführen.
- Die Vergabe von Subprime-Krediten wurde massiv eingeschränkt.
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Unklare Zukunft von Fannie Mae
- Das Unternehmen bleibt bis heute unter staatlicher Aufsicht.
- Es gibt Debatten über eine vollständige Privatisierung oder eine Abschaffung.
Fazit
Fannie Mae spielte eine zentrale Rolle in der Finanzkrise 2007/2008, indem sie riskante Hypotheken übernahm und diese in großem Stil an Investoren weiterverkaufte. Als die Immobilienblase platzte, führten hohe Zahlungsausfälle und ein Vertrauensverlust am Markt zum finanziellen Kollaps des Unternehmens.
Die Rettung von Fannie Mae durch die US-Regierung verhinderte einen vollständigen Zusammenbruch des Hypothekenmarktes, hinterließ jedoch massive Verluste für den Steuerzahler. Bis heute bleibt das Unternehmen unter staatlicher Kontrolle, während die Debatte über die Zukunft des US-Hypothekenmarktes andauert.