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Euro InterBank Offered Rate (EURIBOR) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: European Exchange (Eurex) Nächster Begriff: Euro Anleihen

Ein zentraler Referenzzinssatz für den europäischen Geldmarkt, der eine wichtige Rolle in der Preisgestaltung von Krediten, Hypotheken, Anleihen und Derivaten spielt

Die Euro InterBank Offered Rate (EURIBOR) ist der durchschnittliche Zinssatz, zu dem europäische Banken einander unbesicherte kurzfristige Kredite in Euro gewähren. Der EURIBOR spielt eine zentrale Rolle auf den Finanzmärkten, da er als Referenzzinssatz für zahlreiche Finanzprodukte und -verträge verwendet wird, darunter Hypotheken, Kredite, Anleihen und Derivate. Der EURIBOR ist ein Maß für die Kosten der Refinanzierung von Banken und bietet somit auch einen Einblick in die allgemeine Finanzmarktstabilität und das Vertrauen der Banken untereinander.

Berechnung des EURIBOR

Der EURIBOR wird auf der Grundlage von täglichen Beiträgen von Panel-Banken berechnet, die an einem Referenzmarkt tätig sind und dem europäischen Geldmarkt angehören. Diese Banken melden täglich den Zinssatz, zu dem sie bereit sind, sich unbesicherte Kredite in Euro von anderen Banken zu leihen. Die gemeldeten Zinssätze werden sortiert, und die höchsten und niedrigsten 15 % der eingereichten Zinssätze werden ausgeschlossen. Aus den verbleibenden Werten wird der Durchschnitt berechnet, der dann als der offizielle EURIBOR festgelegt wird.

Es gibt mehrere Laufzeiten für den EURIBOR, die von einem Tag bis zu einem Jahr reichen. Die gängigsten Laufzeiten sind:

  1. 1-Wochen-EURIBOR
  2. 1-Monats-EURIBOR
  3. 3-Monats-EURIBOR
  4. 6-Monats-EURIBOR
  5. 12-Monats-EURIBOR

Jede Laufzeit gibt an, für wie lange die Banken bereit sind, Kredite zu dem angegebenen Zinssatz zu vergeben. Die unterschiedlichen Laufzeiten spiegeln die kurzfristigen Erwartungen der Banken in Bezug auf Liquidität, Inflation und Zinspolitik wider.

Bedeutung des EURIBOR

Der EURIBOR ist einer der wichtigsten Zinssätze in Europa und wird häufig als Referenzzinssatz in einer Vielzahl von Finanzprodukten verwendet:

  1. Kredite und Hypotheken: Viele variable Zinssätze für Konsumentenkredite und Hypotheken basieren auf dem EURIBOR. Ein Kreditvertrag könnte beispielsweise festlegen, dass der Zinssatz des Kredits den 3-Monats-EURIBOR zuzüglich eines festen Aufschlags widerspiegelt. Änderungen des EURIBOR wirken sich daher direkt auf die Kosten von Krediten und Hypotheken aus.

  2. Anleihen: Unternehmen und Regierungen verwenden den EURIBOR als Referenz für die Verzinsung von Anleihen. Der Zinssatz einer variabel verzinslichen Anleihe könnte an den EURIBOR gekoppelt sein, was bedeutet, dass die Zinszahlungen auf der Grundlage von Schwankungen des EURIBOR angepasst werden.

  3. Derivate: Der EURIBOR wird auch als Benchmark in Zinsderivaten wie Zinsswaps und Futures verwendet. In diesen Fällen dienen der EURIBOR und seine verschiedenen Laufzeiten als Basis für den Austausch von Zinszahlungen zwischen Vertragsparteien.

Faktoren, die den EURIBOR beeinflussen

Der EURIBOR wird von mehreren makroökonomischen und marktspezifischen Faktoren beeinflusst:

  1. Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): Die Leitzinsen der EZB haben einen direkten Einfluss auf den EURIBOR. Wenn die EZB den Leitzins anhebt, steigen auch die Refinanzierungskosten der Banken, was zu einem Anstieg des EURIBOR führt. Umgekehrt führt eine Senkung der Leitzinsen zu einem Rückgang des EURIBOR.

  2. Liquidität im Bankensystem: Wenn die Banken Zugang zu ausreichend Liquidität haben, sinkt der EURIBOR, da weniger Bedarf besteht, sich Geld zu höheren Zinssätzen zu leihen. In Zeiten knapper Liquidität steigt der EURIBOR, da Banken bereit sind, höhere Zinssätze zu zahlen, um sich Geld zu leihen.

  3. Vertrauen zwischen Banken: Der EURIBOR ist ein Maß für das Vertrauen zwischen den Banken. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, wie während der Finanzkrise 2008, stieg der EURIBOR stark an, da die Banken weniger Vertrauen zueinander hatten und höhere Zinssätze verlangten, um das Risiko eines Zahlungsausfalls zu kompensieren.

  4. Inflationserwartungen: Wenn Banken erwarten, dass die Inflation in naher Zukunft steigen wird, könnte der EURIBOR steigen, um diese Erwartungen zu reflektieren, da die Kosten der Kreditvergabe mit höherer Inflation steigen könnten.

Unterschiede zwischen EURIBOR und anderen Referenzzinssätzen

Der EURIBOR ist nur einer von mehreren weltweit genutzten Referenzzinssätzen. Zu den bekanntesten gehören:

  • LIBOR (London Interbank Offered Rate): Ähnlich wie der EURIBOR misst der LIBOR die Zinssätze, zu denen Banken einander auf verschiedenen Märkten Kredite gewähren, jedoch nicht in Euro, sondern in Währungen wie dem US-Dollar oder dem britischen Pfund. Der LIBOR wird derzeit schrittweise durch alternative Zinssätze ersetzt, da er aufgrund eines Manipulationsskandals in den 2010er Jahren an Vertrauen verloren hat.

  • EONIA (Euro Overnight Index Average): Während der EURIBOR Zinssätze für verschiedene Laufzeiten abdeckt, misst der EONIA den Zinssatz für Übernachtkredite zwischen Banken. Der EONIA wurde in vielen Bereichen durch den €STR (Euro Short-Term Rate) ersetzt.

Reformen und Zukunft des EURIBOR

Nach der Finanzkrise 2008 und dem LIBOR-Skandal wurde der EURIBOR einer Reform unterzogen, um seine Transparenz und Zuverlässigkeit zu verbessern. Der EURIBOR basiert jetzt auf einem hybriden Modell, das sowohl reale Transaktionsdaten als auch Schätzungen der Banken verwendet, um den Zinssatz zu berechnen. Diese Reformen zielten darauf ab, das Vertrauen in den EURIBOR zu stärken und Manipulationen zu verhindern.

Zusätzlich wird der EURIBOR als Referenzzinssatz zunehmend durch alternative Zinssätze wie den €STR (Euro Short-Term Rate) ergänzt, die sich stärker auf tatsächlich abgeschlossene Transaktionen stützen und weniger anfällig für Manipulationen sind.

Fazit

Der EURIBOR ist ein zentraler Referenzzinssatz für den europäischen Geldmarkt und spielt eine wichtige Rolle in der Preisgestaltung von Krediten, Hypotheken, Anleihen und Derivaten. Durch seine direkte Abhängigkeit von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank sowie von Liquiditäts- und Vertrauensverhältnissen im Bankensystem bietet er Investoren und Kreditnehmern Einblick in die Kosten der Kreditvergabe und die allgemeinen Marktbedingungen. Trotz seiner Reformen bleibt der EURIBOR ein unverzichtbares Instrument auf den europäischen Finanzmärkten, das jedoch in Zukunft verstärkt durch alternative Zinssätze ergänzt werden könnte.