Divergenzen Börsenlexikon Vorheriger Begriff: DivDAX Nächster Begriff: Diversifikation
Ein wichtiges Werkzeug der technischen Analyse, um potenzielle Trendwechsel oder Fortsetzungen frühzeitig zu erkennen
Der Begriff Divergenzen stammt aus dem Lateinischen (divergere) und bedeutet „auseinandergehen“ oder „sich unterscheiden“. In der Finanz- und Börsenwelt bezeichnet Divergenz eine Abweichung zwischen zwei miteinander verbundenen Kurs- oder Indikatorbewegungen.
Divergenzen treten insbesondere in der technischen Analyse auf, wenn sich der Kurs eines Wertpapiers und ein technischer Indikator in unterschiedliche Richtungen bewegen. Dies kann ein Frühsignal für eine Trendwende sein.
Arten von Divergenzen in der technischen Analyse
In der Chartanalyse gibt es zwei Hauptarten von Divergenzen:
-
Bullische (positive) Divergenz
- Der Kurs eines Wertpapiers erreicht ein neues Tief, während der technische Indikator kein neues Tief bildet oder sogar steigt.
- Dies deutet darauf hin, dass die Abwärtsbewegung an Kraft verliert und eine Trendwende nach oben bevorstehen könnte.
-
Bärische (negative) Divergenz
- Der Kurs eines Wertpapiers erreicht ein neues Hoch, aber der technische Indikator bildet kein neues Hoch oder fällt.
- Dies deutet darauf hin, dass die Aufwärtsbewegung an Stärke verliert und eine Trendwende nach unten möglich ist.
Divergenzen treten häufig in Verbindung mit technischen Indikatoren wie dem Relative Strength Index (RSI), dem Moving Average Convergence Divergence (MACD) oder dem Momentum-Indikator auf.
Beispiele für Divergenzen
1. Bullische Divergenz (Kaufsignal)
- Kursverlauf: Der Kurs einer Aktie fällt auf ein neues Tief.
- Indikatorverlauf: Der RSI oder MACD steigt an, statt ein neues Tief zu bilden.
- Interpretation: Die Verkaufsdynamik nimmt ab, die Abwärtsbewegung könnte enden.
Praxisbeispiel:
Angenommen, eine Aktie fällt von 100 € auf 90 € und dann auf 85 €. Der RSI lag beim ersten Tief bei 30, steigt aber beim zweiten Tief auf 35 an. Dies kann ein Signal sein, dass die Aktie kurz vor einem Aufschwung steht.
2. Bärische Divergenz (Verkaufssignal)
- Kursverlauf: Die Aktie erreicht ein neues Hoch.
- Indikatorverlauf: Der RSI oder MACD bildet jedoch kein neues Hoch oder fällt.
- Interpretation: Die Kaufkraft nimmt ab, was auf eine bevorstehende Korrektur oder Trendumkehr hindeutet.
Praxisbeispiel:
Eine Aktie steigt von 50 € auf 60 € und dann auf 65 €, doch der RSI erreicht beim ersten Hoch 70 und fällt beim zweiten Hoch auf 65. Dies kann bedeuten, dass die Rallye an Schwung verliert und eine Korrektur bevorsteht.
Divergenzen im Zusammenhang mit technischen Indikatoren
-
Relative Strength Index (RSI)
- Der RSI misst die Geschwindigkeit und Stärke einer Kursbewegung.
- Divergenz-Signal: Wenn der Kurs neue Hochs oder Tiefs erreicht, der RSI aber nicht, kann dies eine bevorstehende Trendwende signalisieren.
-
Moving Average Convergence Divergence (MACD)
- Der MACD zeigt die Differenz zwischen zwei gleitenden Durchschnitten.
- Divergenz-Signal: Wenn der Kurs steigt, der MACD aber fällt, kann dies ein Verkaufssignal sein.
-
Momentum-Indikator
- Dieser misst die Geschwindigkeit der Kursveränderung.
- Divergenz-Signal: Eine nachlassende Dynamik kann eine baldige Trendumkehr andeuten.
Klassische vs. versteckte Divergenzen
Neben den klassischen Divergenzen gibt es auch versteckte Divergenzen, die innerhalb eines Trends auftreten:
Art der Divergenz | Kursbewegung | Indikatorbewegung | Signal |
---|---|---|---|
Klassische bullische Divergenz | Tieferes Tief | Höheres Tief | Mögliche Trendwende nach oben |
Klassische bärische Divergenz | Höheres Hoch | Niedrigeres Hoch | Mögliche Trendwende nach unten |
Versteckte bullische Divergenz | Höheres Tief | Tieferes Tief | Fortsetzung des Aufwärtstrends |
Versteckte bärische Divergenz | Tieferes Hoch | Höheres Hoch | Fortsetzung des Abwärtstrends |
Versteckte Divergenzen sind besonders für Trendfolger interessant, da sie auf eine Fortsetzung des bestehenden Trends hindeuten.
Bedeutung von Divergenzen für Anleger
Divergenzen sind besonders wertvoll für:
- Trader und technische Analysten, die frühzeitig Trendwechsel erkennen möchten.
- Langfristige Investoren, die Einstiegs- oder Ausstiegszeitpunkte optimieren wollen.
- Risikomanagement, da Divergenzen helfen können, überhitzte Märkte zu identifizieren.
Risiken und Grenzen von Divergenzen
-
Nicht jede Divergenz führt zu einer Trendwende
- Märkte können sich trotz Divergenzen weiter in die gleiche Richtung bewegen.
- Divergenzen sind ein Warnsignal, aber kein garantierter Indikator.
-
Kombination mit anderen Indikatoren notwendig
- Divergenzen sollten mit Volumenanalysen, Chartmustern und fundamentalen Daten kombiniert werden.
-
Fehlsignale sind möglich
- Starke Marktnachrichten oder externe Schocks können Divergenzen unbedeutend machen.
-
Langsame Indikatoren können spät reagieren
- Einige Indikatoren wie der MACD sind nachlaufende Indikatoren und können verspätete Signale liefern.
Vergleich: Divergenzen vs. Konvergenzen
Merkmal | Divergenz | Konvergenz |
---|---|---|
Definition | Kurs und Indikator bewegen sich in entgegengesetzte Richtungen | Kurs und Indikator bewegen sich in die gleiche Richtung |
Bedeutung | Potenzielle Trendumkehr oder Warnsignal | Bestätigung des aktuellen Trends |
Typische Indikatoren | RSI, MACD, Momentum | Trendlinien, gleitende Durchschnitte |
Handelsstrategie | Identifikation von Umkehrpunkten | Trendfolge-Strategien |
Fazit
Divergenzen sind ein wichtiges Werkzeug der technischen Analyse, um potenzielle Trendwechsel oder Fortsetzungen frühzeitig zu erkennen. Besonders in Kombination mit Momentum-Indikatoren wie RSI oder MACD können sie wertvolle Hinweise für den Handel liefern.
Allerdings sind Divergenzen allein keine Garantie für eine Trendwende, sondern sollten immer mit weiteren Indikatoren und Marktanalysen kombiniert werden. Wer sie richtig interpretiert, kann sie jedoch gezielt zur Verbesserung seiner Handelsstrategie einsetzen.