Capital Requirements Directive (CRD) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Capital Requirements Regulation (CRR) Nächster Begriff: High-Quality Liquid Assets (HQLA)

Ein wesentlicher Bestandteil der EU-Bankenregulierung, der die Capital Requirements Regulation (CRR) durch Vorschriften zur Bankenaufsicht, Governance und Vergütung ergänzt

Die Capital Requirements Directive (CRD) ist eine europäische Richtlinie, die zusammen mit der Capital Requirements Regulation (CRR) die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen für Banken und Finanzinstitute innerhalb der Europäischen Union festlegt. Während die CRR als Verordnung unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten gilt, muss die CRD von den einzelnen Ländern in nationales Recht umgesetzt werden.

Die CRD bildet einen wesentlichen Bestandteil der Basel-III-Regulierung, die nach der globalen Finanzkrise 2008 entwickelt wurde, um die Stabilität des Finanzsystems zu stärken, systemische Risiken zu reduzieren und den Bankensektor widerstandsfähiger gegenüber Finanzkrisen zu machen.

Hintergrund und Entwicklung der CRD

Die Regulierung von Banken in der EU wurde mit mehreren Richtlinien schrittweise entwickelt. Die erste Capital Requirements Directive (CRD I) wurde 2006 eingeführt, basierend auf den Vorgaben von Basel II. Nach der Finanzkrise 2008 wurde die Regulierung durch CRD II (2009) und CRD III (2010) verschärft.

Mit der Einführung von Basel III wurden schließlich die CRD IV (Richtlinie 2013/36/EU) und die CRR (Verordnung (EU) Nr. 575/2013) verabschiedet, die erstmals Eigenkapitalanforderungen, Liquiditätsstandards und makroprudenzielle Maßnahmen umfassend regelten.

Die neueste Version, CRD V (Richtlinie (EU) 2019/878), trat 2021 in Kraft und ergänzt die parallel überarbeitete CRR II. Eine weitere Überarbeitung, die CRD VI, befindet sich in Vorbereitung und soll weitere Basel-III-Reformen umsetzen.

Zielsetzung der CRD

Die Capital Requirements Directive (CRD) verfolgt mehrere übergeordnete Ziele:

  • Erhöhung der Finanzstabilität: Striktere Kapitalanforderungen sollen sicherstellen, dass Banken ausreichend widerstandsfähig gegenüber finanziellen Schocks sind.
  • Stärkung der Eigenkapitalbasis von Banken: Banken müssen mehr qualitativ hochwertiges Kapital vorhalten.
  • Verbesserung der Bankenaufsicht: Einführung einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismen, insbesondere durch die Europäische Zentralbank (EZB).
  • Risikomanagement und interne Governance: Verschärfung der Regeln zur Unternehmensführung und zum Risikomanagement von Banken.
  • Makroprudenzielle Maßnahmen: Einführung von Kapitalpuffern, um systemische Risiken zu minimieren.

Wesentliche Bestimmungen der CRD

Die CRD legt neben den Eigenkapitalanforderungen auch Regeln zur Bankenaufsicht, zur Unternehmensführung und zu Vergütungssystemen fest.

1. Eigenkapitalanforderungen

Die CRD definiert Mindestanforderungen an das Eigenkapital von Banken. Die Kapitalquoten setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen:

Kapitalquote Mindestanforderung Zusätzliche Puffer
Kernkapitalquote (CET1) 4,5 % 2,5 % Kapitalerhaltungspuffer
Zusätzliches Kernkapital (AT1) 1,5 % -
Gesamtkapitalquote 8 % Zusätzliche systemische Puffer

Zusätzlich zu diesen Mindestanforderungen müssen Banken Kapitalpuffer aufbauen, darunter:

  • Kapitalerhaltungspuffer (2,5 % des risikogewichteten Eigenkapitals)
  • Antizyklischer Kapitalpuffer (bis zu 2,5 %, abhängig von der wirtschaftlichen Lage)
  • Puffer für systemrelevante Banken (zwischen 1 % und 3,5 %)

2. Säulen der Bankenregulierung nach Basel III

Die CRD setzt die drei Säulen der Basel-III-Regulierung um:

  1. Säule 1: Mindestkapitalanforderungen
    • Eigenkapitalvorschriften, Risikogewichtung von Vermögenswerten und Liquiditätsanforderungen.
  2. Säule 2: Aufsichtlicher Überprüfungsprozess
    • Regulierungsbehörden wie die EZB oder nationale Aufsichtsbehörden prüfen regelmäßig die Risikoexposition von Banken.
  3. Säule 3: Markttransparenz und Offenlegungspflichten
    • Banken müssen regelmäßig Berichte über ihre Kapitalstruktur, Risikomanagementstrategien und Liquiditätssituation veröffentlichen.

3. Vergütungsregeln für Bankenmanager

Um übermäßige Risikobereitschaft zu verhindern, enthält die CRD strenge Regeln für die Vergütung von Führungskräften in Banken:

  • Bonusdeckelung: Der variable Vergütungsanteil (Bonus) darf das Doppelte des Fixgehalts nicht überschreiten.
  • Langfristige Vergütungskomponenten: Ein Teil der Boni muss in Form von Aktien oder anderen langfristigen Instrumenten ausgezahlt werden.
  • Clawback-Klauseln: Banken dürfen Boni zurückfordern, wenn sich herausstellt, dass Fehlentscheidungen getroffen wurden.

4. Makroprudenzielle Maßnahmen

Die CRD enthält auch Instrumente zur makroprudenziellen Regulierung, um systemische Risiken zu minimieren:

  • Antizyklische Kapitalpuffer: Regulierungsbehörden können Banken verpflichten, in Boomphasen zusätzliches Kapital aufzubauen.
  • Verschuldungsquote (Leverage Ratio): Banken müssen eine Mindestleverage-Ratio von 3 % einhalten, um eine übermäßige Verschuldung zu verhindern.
  • Risikogewichtete Aktiva (RWA): Die CRD legt fest, wie Banken ihre Vermögenswerte nach Risiko bewerten müssen.

Umsetzung der CRD in Deutschland

Da es sich bei der CRD um eine Richtlinie handelt, müssen die EU-Mitgliedstaaten sie in nationales Recht umsetzen. In Deutschland erfolgt dies durch:

  • Kreditwesengesetz (KWG): Enthält die regulatorischen Anforderungen für Banken.
  • Solvabilitätsverordnung (SolvV): Regelt die Berechnung von Eigenkapitalanforderungen.
  • Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk): Legt Anforderungen an das Risikomanagement und die interne Kontrolle fest.

Die Bankenaufsicht erfolgt durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank (EZB).

Herausforderungen und Kritik der CRD

Obwohl die CRD wesentlich zur Finanzstabilität beiträgt, gibt es auch Herausforderungen und Kritikpunkte:

  1. Erhöhter administrativer Aufwand

    • Banken müssen umfangreiche Meldepflichten und Dokumentationsanforderungen erfüllen.
  2. Einschränkung der Kreditvergabe

    • Höhere Eigenkapitalanforderungen können die Kreditvergabe, insbesondere an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), erschweren.
  3. Unterschiedliche Umsetzung in den EU-Staaten

    • Da es sich um eine Richtlinie handelt, gibt es Unterschiede in der Interpretation und Umsetzung zwischen den Mitgliedstaaten.
  4. Regulierungsarbitrage

    • Banken könnten versuchen, bestimmte Geschäftsbereiche in weniger regulierte Länder zu verlagern, um strengere Vorgaben zu umgehen.

Verhältnis zwischen CRR und CRD

Die CRD ergänzt die Capital Requirements Regulation (CRR), die unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten gilt. Während die CRR sich auf technische Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen konzentriert, regelt die CRD eher aufsichtsrechtliche Fragen, Governance-Anforderungen und Vergütungssysteme.

Merkmal CRR CRD
Rechtsform Verordnung (direkt anwendbar) Richtlinie (muss in nationales Recht umgesetzt werden)
Inhalte Eigenkapitalanforderungen, Liquiditätsvorschriften Bankenaufsicht, Risikomanagement, Vergütung
Geltungsbereich Alle Banken in der EU Umsetzung durch nationale Behörden

Fazit

Die Capital Requirements Directive (CRD) ist ein wesentlicher Bestandteil der EU-Bankenregulierung und ergänzt die CRR durch Vorschriften zur Bankenaufsicht, Governance und Vergütung. Sie stellt sicher, dass Banken ausreichend Kapital halten, verantwortungsvoll handeln und systemische Risiken reduziert werden.

Mit der geplanten CRD VI werden weitere Basel-III-Reformen umgesetzt, um das europäische Bankensystem noch widerstandsfähiger gegenüber Krisen zu machen. Trotz einiger Herausforderungen bleibt die CRD ein entscheidender Baustein zur Sicherung der Finanzstabilität in der EU.