Goodbye Deutschland? Linde plant Delisting
Der größte deutsche Industriekonzern Linde strebt den Rückzug von der Deutschen Börse an! Nach den Plänen des Vorstands soll die Aktie der Linde PLC künftig ausschließlich an der New Yorker Börse gelistet werden und ihre Zweitnotierung an der Börse Frankfurt aufgeben. Anleger reagierten verschreckt auf die Nachricht: Die Aktie gab um vier Prozent nach. Eine Einstiegschance?
Tradition trifft Innovation
Die Wurzeln der Linde PLC reichen bis in das Jahr 1871, als Carl von Linde mit dem Verkauf einer eigens entwickelten Kühlanlage den Grundstein für den heutigen Milliardenkonzern legte. Die wenig später gegründete Gesellschaft für Linde's Eismaschinen Aktiengesellschaft traf den wirtschaftlichen Zeitgeist und entwickelte sich sukzessive vom Kühlsystem-Anlagenbauer zum Sauerstoffaufbereitungsanlagen-Produzenten. Zu den Abnehmern gehörten Unternehmen wie die Guinness-Brauerei und während des Ersten Weltkriegs sogar die Wehrmacht, denn die Schlüsseltechniken ermöglichten nicht zuletzt die Produktion komplexer Flüssigsprengstoffe.
Der Erste Weltkrieg erwies sich jedoch keineswegs als Gewinntreiber: Einige Jahre zuvor waren die Münchner auf den amerikanischen Markt vorgedrungen und hatten hier mit der Linde Air Products ein zweites Standbein geschaffen. Das Übersee-Geschäft wurde jedoch im Krieg kurzer Hand konfisziert und mit weiteren amerikanischen Industriekonzernen zusammengeschlossen. 1989 entließ man den einst annektierten Linde-Zweig wiederum in die Selbstständigkeit. Die nun geschaffene Praxair Inc. gelang gar an die Börse. Nach zähen Verhandlungen glückte 2016 die Wiedervereinigung: Linde durfte mit der USA-Tochter fusionieren und operierte alsdann als Linde PLC.
Zurück zum Geschäftsmodell. Mit Ende des Ersten Weltkriegs sollte im Hause Linde die Stunde der Gasveredelung schlagen. Die von Linde geschaffene und für damalige Verhältnisse revolutionäre Verflüssigungstechnik fand alsbald nicht nur in der Sauerstoffgewinnung, sondern auch bei der Veredelung von Stickstoff, Acetylen, Propan und sogar Methan Anwendung. Die heutigen Gasanlagen sind kaum noch mit dem Prototyp vergleichbar, das Prinzip, das Linde-Verfahren, hat jedoch weiterhin Bestand. Zum Einsatz kommen die Gase in zahlreichen Branchen, beispielsweise in der Stahlindustrie, in der Medizintechnik und sogar in der Raumfahrt.
Solides Business mit Wasserstoff-Fantasie
Die Produktion und der Verkauf von Industriegasen stellen das Kerngeschäft der Linde PLC dar. In dem robusten Absatzmarkt schließt der Konzern langjährig laufende Verträge ab und genießt in Anbetracht der beschaulichen Konkurrenz eine Art Preissetzungsmacht. Die Kunden der Linde PLC stammen aus verschiedenen Branchen und agieren zudem weltweit. Den größten Umsatz erzielt man derweil in den USA (31 Prozent), gefolgt von Europa (25 Prozent) und Asien (20 Prozent).
Die Aussicht auf Ertragssteigerungen mit althergebrachten Gasen scheint jedoch begrenzt. Ganz anders im Bereich Wasserstoff: Linde beschäftigt sich bereits seit Jahren mit der Elektrolysetechnik und konnte in diesem Umfeld 2021 Umsätze von knapp zwei Milliarden US-Dollar erzielen. Mittlerweile hat Linde über 200 Wasserstoff-Tankstellen errichtet und engagiert sich hierzulande etwa im Projekt H2 Mobility Deutschland. Kooperationen mit der österreichischen OMV sowie TotalEnergies aus Frankreich stimmen Analysten besonders optimistisch: Allein bis ins Jahr 2025 prognostizieren Experten für die Wasserstoff-Sparte eine Vervierfachung des Umsatzes.
Apropos Konkurrenz: Die französische Air Liquide S.A. sowie die japanische Nippon Sanso Holdings gelten als die stärksten Gegenspieler der Linde PLC, hinken dem Deutschland- US-Giganten in puncto Nettomarge sowie Umsatzprognose allerdings hinterher. Zumindest die Japaner sind dafür auch deutlich günstiger bewertet.
Qualität hat ihren Preis
Dividendenjäger, Value-Investoren und Schnäppchenkäufer dürften einen Bogen um die Linde Aktie machen. Zumindest solche, die auf klassische Bewertungskennzahlen à la KGV & Co. achten. Bezogen auf das KGV (33) beispielsweise gehört die Aktie zu den „teuersten“ Papieren im DAX. Verglichen mit der Aktie von Air Liquide (KGV: 20) und der Aktie von Nippon Sanso (KGV: 15,7) scheint gar eine Überbewertung und somit deutliches Abwärtspotenzial vorzuliegen. Aus der Luft gegriffen ist das Vertrauen der Anleger jedoch keineswegs: Mit einer Nettomarge von über 15 Prozent und einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 23 Prozent konnte sich Linde in den letzten Jahren als robuster Wachstumsriese behaupten.
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Werte zum Blogbeitrag
Name | Aktuell | Diff. | Börse |
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Air Liquide | 158,07 EUR | -0,35 % | Lang & Schwarz |
Nel Asa | 0,24 EUR | -11,55 % | Baader Bank |
Nippon Sanso Holdings Corporation | 26,45 EUR | -1,05 % | L&S Exchange |
Plug Power | 1,827 EUR | +0,94 % | L&S Exchange |
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