Alibaba: Günstig aber kein Schnäppchen

vom 01.03.2022, 05:50 Uhr
BörsenAff
5258 Leser

"Alibaba ist günstig aber kein Schnäppchen" so titetelt die New York Times vor ein paar Tagen. Da einige nachgefragt haben, nachfolgend eine Zusammenfassung meiner Analyse zu Alibaba. Sie stellt meine subjektive Sicht der Dinge als Laie dar. Teilweise sind die Dinge für die Zusammenfassung vereinfacht. Die Analyse orientiert sich an den Geschäftsfeldern von Alibaba.

a) Commerce China (71%). Der erzielte Anteil am Umsatz dieser Sparte (Handel in China) beläuft sich auf 71%. Der Bereich ist insofern sehr wichtig, als praktisch der gesamte Gewinn hiervon stammt (abgesehen von einem kleinem Gewinn für die Cloud-Sparte). Allerdings enttäuschte das Umsatzwachstum in dem Bereich (+7%). Im E-Commerce (Taobao, Tmall) war der Umsatz sogar gar leicht rückläufig (-1%). Dieser Rückgang würden durch die Geschäftsketten von Alibaba (Sun Art, Freshippo, Tmall Geschäfte) wettgemacht (+21%). Denn Alibaba ist nicht nur E-Commerce, wie man gemeinhin denken mag, sondern in der "Commerce China" -Sparte machen die Geschäftsketten über ein Drittel des Umsatzes aus. Man könnte die Verlangsamung der Umsatzentwicklung im E-Commerce vorschnell auf die Corona-Effekte zurückführen. Das würde allerdings zu kurz greifen. Zusätzlich hat der Wettbewerb im E-Commerce stark zugenommen. Besonders ist hier ByteDance (TikTok) zu nennen, die immer mehr DL im E-Commerce anbieten. In der Vergangenheit wurde ein Grossteil des Wachstums durch neue Nutzer gewährleistet. Mittlerweile nutzt die Mehrheit der Chinesen die Angebote der E-Commerce Plattformen. Insofern zeigt sich eine gewisse Sättigung. Ein umkämpfter Markt ist entstanden. Die chinesische Regierung verhindert, dass Akteure wie Alibaba zu viel Marktmacht erhalten. Das Wachstum muss zukünftigt durch mehr Verkäufe pro Nutzer entstehen und weniger durch die Anzahl der Nutzer. Hier kommt allerdings entgegen, dass der Wohlstand in China stetig zunimmt, obwohl sich auch diesbezüglich eine Verlangsamung abzeichnen könnte.

b) Internationaler Commerce (7%): In dem Bereich konnte ein relativ hohes Umsatzwachstum erzielt werden (+18%), das hauptsächlich auf den grössten E-Commerce Anbieter in Südostasien zurückzuführen ist: Lazada, ein Tochterunternehmen von Alibaba (Konkurrent: Sea Limited, Siehe Cathie). Meiner Meinung nach, ist hier das Potential nachwievor sehr gross. Alibaba agiert quasi als Intermediär zwischen den Produzenten in der Weltfabrik China und den Konsumenten in den aufstrebenden südostasiatischen Ländern. Es werden des Weiteren Vertiebsstrukturen in Europa z.B. Osteuropa, Südamerika usw. aufgebaut. Das Vertriebskonzept von Alibaba eignet sich für schnelle Expansion (besser als z.B. das von Amazon). Der strategischer Fokus richtet sich darauf, international schnell zu wachsen, inbesondere in aufstrebenden, ärmeren Länder. Meiner Meinung nach: sehr interessant. Allerdings ist der Bereich (noch) defizitär.

c) Liefer- und weitere Services (5%): Dieser Bereich ist der am schnellsten wachsende (21%). Für die Lieferservices hat Alibaba viel investiert und hat über das Tochterunternehmen "Ele.me" quasi eine Oligopolstellung zusammen mit Meituan (Grossaktionär Tencent) erreicht. Allerdings ist bereits in der Vergangenheit das Kartellamt eingeschritten und hat Millionenzahlungen über die beiden Konzerne verhängt. Jetzt wo Alibaba nach den grossen Investionen damit richtig Geld verdienen möchte, wurde zusätzlich die letzten Tage von der Regierung eine Maximal-Marge von 15% für Essenslieferungen festgelegt. Obwohl längst nicht nur mehr Essen geliefert wird, trifft diese Verordnung "Ele.me" von Alibaba empfindlich.

Weitere Services neben den Lieferservices u.a.: Maps und Navigation (Amap), Reise (Fliggy). Bereich stark defizitär.

d) Logistik (5%):

Das Logistiktochterunternehmen erzielte ein Umsatzplus von 15%. Das Wachstum hängt stark mit dem Wachstum im Commercebereich zusammen. Bereich wurde nicht weiter analysiert. Defizitär.

e) Cloud-Lösungen (8%): Die Cloud-Sparte weckt grosse Hoffnungen. Es ist der einzige Bereich, der neben dem Commerce, Gewinne erwirtschaftet. Das Cloud-Geschäft soll in China rasant wachsen und gemäss Analystenschätzungen die nächsten 3 Jahre sich verfünffachen. Meines Erachtens wird Chinas Wirtschaft mittelfristig eine Entwicklung durchmachen, so dass neben der industriellen Produktion, Dienstleistungen stets wichtiger werden, inbesondere auch IT-DL. Die Cloud wird in China, wie bereits international, einen Siegeszug erleben. Zusätzlich könnte Alibaba im Cloud-Geschäft international Amazon und Co vermehrt konkurrieren.

Allerdings hat hier das Wachstum die Analysten enttäuscht. Man ist von 30% Wachstum ausgegangen, tatsächlich waren es nur 20%. Es soll ein Grosskunde abgesprungen sein. Man nimmte an, dass es sich hierbei um ByteDance handelt (TikTok), die vermehrt im E-Commerce zu Alibaba in Konkurrenz treten und deshalb auch hier eigene Wege gehen möchten.

f) Digitale Medien und Unterhaltung (3%): Diese Bereich beinhaltet eine Video und Musik Streaming Dienst. Man konkurrenziert hier z.B. mit Tencent. Allerdings ist der Bereich defizitär. Man spekuliert bereits über eine Abspaltung.

g) Innovative Iniativen (1%): Die Kassen von Alibaba sind gut gefüllt. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass Alibaba in Zukunft neue Märkte erschliesst, die wir uns vielleicht noch nicht mal richtig vorstellen können.

Fazit: In Alibabas Kerngeschäft, dem E-Commerce in China, nimmt der Wettbewerb stark zu. Der Erfolg von Alibaba und somit auch die Kursentwicklung der Aktie hängt stark davon ab, wie gut es Alibaba gelingt, in anderen Bereichen zu expandieren und die Profitabilität zu steigern.

Werte zum Blogbeitrag
Name Aktuell Diff. Börse
Alibaba Group 83,19 USD -2,78 % Nasdaq
Neue Blogbeiträge

Dis­clai­mer: Die hier an­ge­bo­te­nen Bei­trä­ge die­nen aus­schließ­lich der In­for­ma­t­ion und stel­len kei­ne Kauf- bzw. Ver­kaufs­em­pfeh­lung­en dar. Sie sind we­der ex­pli­zit noch im­pli­zit als Zu­sich­er­ung ei­ner be­stim­mt­en Kurs­ent­wick­lung der ge­nan­nt­en Fi­nanz­in­stru­men­te oder als Handl­ungs­auf­for­der­ung zu ver­steh­en. Der Er­werb von Wert­pa­pier­en birgt Ri­si­ken, die zum To­tal­ver­lust des ein­ge­setz­ten Ka­pi­tals füh­ren kön­nen. Die In­for­ma­tion­en er­setz­en kei­ne, auf die in­di­vi­du­el­len Be­dür­fnis­se aus­ge­rich­te­te, fach­kun­di­ge An­la­ge­be­ra­tung. Ei­ne Haf­tung oder Ga­ran­tie für die Ak­tu­ali­tät, Rich­tig­keit, An­ge­mes­sen­heit und Vol­lständ­ig­keit der zur Ver­fü­gung ge­stel­lt­en In­for­ma­tion­en so­wie für Ver­mö­gens­schä­den wird we­der aus­drück­lich noch stil­lschwei­gend über­nom­men. Die Mar­kets In­side Me­dia GmbH hat auf die ver­öf­fent­lich­ten In­hal­te kei­ner­lei Ein­fluss und vor Ver­öf­fent­lich­ung der Bei­trä­ge kei­ne Ken­nt­nis über In­halt und Ge­gen­stand die­ser. Die Ver­öf­fent­lich­ung der na­ment­lich ge­kenn­zeich­net­en Bei­trä­ge er­folgt ei­gen­ver­ant­wort­lich durch Au­tor­en wie z.B. Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­richt­en­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men. In­fol­ge­des­sen kön­nen die In­hal­te der Bei­trä­ge auch nicht von An­la­ge­in­te­res­sen der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und/oder sei­nen Mit­ar­bei­tern oder Or­ga­nen be­stim­mt sein. Die Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­rich­ten­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men ge­hör­en nicht der Re­dak­tion der Mar­kets In­side Me­dia GmbH an. Ihre Mei­nung­en spie­geln nicht not­wen­di­ger­wei­se die Mei­nung­en und Auf­fas­sung­en der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und de­ren Mit­ar­bei­ter wie­der. Aus­führ­lich­er Dis­clai­mer