HANNOVER (dpa-AFX) - Der Touristikkonzern Tui hangelt sich zurück auf das Niveau aus der Zeit vor der Pandemie. Vorstandschef Sebastian Ebel berichtete am Mittwoch von deutlichen Zuwächsen bei den Kunden aus Großbritannien und Deutschland. Dennoch blieb Tui im Geschäftsjahr 2023/24 mit insgesamt 20,3 Millionen Veranstaltergästen erneut hinter den 20,6 Millionen aus dem Vorkrisenjahr 2019 zurück. Ebel denkt, diese Marke im neuen Geschäftsjahr bis Ende September 2025 zu knacken. Auch der operative Gewinn soll weiter steigen - obwohl Tui wegen der Krise von Boeing lange auf neue Flugzeuge warten muss.

An der Börse wurden die Neuigkeiten mit Kursverlusten quittiert: Obwohl die Geschäftszahlen in etwa so ausfielen wie von Analysten erwartet, verlor die Tui-Aktie am Vormittag zeitweise 8,5 Prozent auf rund 7,74 Euro. Zuletzt gehörte sie mit einem Abschlag von 4,8 Prozent immer noch zu den Schlusslichtern im MDax , dem Index der mittelgroßen Werte. Börsianer berichteten von Gewinnmitnahmen der Anleger, nachdem die Tui-Aktie in den vergangenen Wochen und Monaten stark zugelegt hatte. Im Vergleich zum vergangenen Jahreswechsel hat das Papier jetzt noch rund 14 Prozent gewonnen.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr zählte Tui immerhin sieben Prozent mehr Veranstaltergäste als ein Jahr zuvor. Der Umsatz stieg um zwölf Prozent auf 23,2 Milliarden Euro. Dass der Anstieg nicht stärker ausfiel, lag an dem Geschäft in Frankreich. Dort hatte der Veranstalter sein Angebot um die Hälfte zusammengestrichen - wodurch die Gästezahl um eine halbe Million sank. In Großbritannien habe Tui hingegen schon zehn Prozent mehr Buchungen gezählt als vor der Pandemie, berichtete Finanzchef Mathias Kiep. In Deutschland lag die Zahl fünf Prozent höher.

Dazu trug auch die Pleite des Reiseveranstalters FTI bei, der seinen Betrieb diesen Sommer einstellen musste. Tui gewann dadurch zusätzliche Kundschaft, wie es schon nach der Pleite des damaligen europäischen Branchenzweiten Thomas Cook mit seiner Marke Neckermann Reisen im September 2019 der Fall gewesen war.

In der Corona-Krise 2020 wurde schließlich auch Tui zum Sanierungsfall: Wegen der Reisebeschränkungen brach dem Unternehmen sein Geschäft weg. Der deutsche Staat rettete Tui mit Finanzhilfen vor dem Untergang. Die Hilfen hat der Konzern zurückgezahlt, und der Konzern verdient wieder Geld. Der verbliebene Schuldenberg ist dem Vorstand aber immer noch zu groß.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr bis Ende September entfiel auf die Tui-Aktionäre ein Überschuss von 507 Millionen Euro und damit fast zwei Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Im Tagesgeschäft erzielte der Konzern vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigtes Ebit) einen operativen Gewinn von knapp 1,3 Milliarden Euro, ein Anstieg um rund ein Drittel.

Längst erwirtschaftet Tui die Gewinne weniger mit dem Verkauf von Hotelübernachtungen und Flügen als mit den eigenen Hotels und Kreuzfahrtschiffen. Von dem operativen Gewinn in Höhe von 1,3 Milliarden Euro stammen 1,1 Milliarden aus der Sparte "Urlaubserlebnisse". Diese umfasst neben den Hotelketten wie Riu und Tui Blue, die Robinson Clubs, die Kreuzfahrt-Reedereien Tui Cruises, Hapag-Lloyd und Marella sowie die Veranstalterangebote an den Urlaubszielen.

"Unser Ziel bleibt, mit Tui in allen Segmenten profitabler, effizienter und stärker zu werden", sagte Ebel. Im neuen Geschäftsjahr 2024/25 soll der Konzernumsatz um weitere fünf bis zehn Prozent zulegen. Der bereinigte operative Gewinn soll um sieben bis zehn Prozent steigen und damit ebenso stark, wie im mittelfristigen Schnitt geplant. Dabei will der Vorstand den Schuldenberg weiter abtragen. Im abgelaufenen Jahr verringerte sich die Nettoverschuldung des Konzerns um eine halbe Milliarde auf 1,6 Milliarden Euro.

Für Ärger sorgt bei Tui weiterhin der US-amerikanische Flugzeughersteller Boeing, der seine Produktion wegen Zwischenfällen und Produktionsmängeln drosseln und wegen eines Streiks zuletzt sogar wochenlang stoppen musste. Die Fluggesellschaften des Tui-Konzerns wie die deutsche Tuifly müssen wie andere Airlines deshalb noch länger auf neue Boeing-Jets warten.

Inzwischen lägen die Auslieferungen der Maschinen vom Typ 737 Max zwei bis drei Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan, berichtete der Vorstand. Im abgelaufenen Geschäftsjahr habe Tui gerade mal fünf neue Maschinen des Typs erhalten. Für das neue Geschäftsjahr würden nach derzeitigem Stand 13 Jets erwartet./stw/mne/jha/