LINGEN/ESSEN (dpa-AFX) - Der Betreiber des Kernkraftwerks Emsland in Lingen will an dem Abschalttermin am Samstag festhalten. "Der Ausstieg aus der Kernenergie ist eine politische Entscheidung. Entsprechend der gesetzlichen Regelungen werden wir das Kernkraftwerk Emsland am 15.4. vom Netz nehmen", sagte am Mittwoch ein Sprecher des Essener Energiekonzerns RWE angesichts der Debatte wenige Tage vor dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke in Deutschland.

Der eigentliche Rückbau des 1988 ans Netz gegangenen Kraftwerks im Emsland werde nach der Rückbaugenehmigung beginnen, die das niedersächsische Umweltministerium erteilen muss, sagte der RWE-Sprecher. Der Antrag dafür sei bereits 2016 eingereicht worden.

Kritik kommt weiter aus der Wirtschaft, aber auch aus der FDP. Die Liberalen wollen die drei AKW zumindest in Reserve halten und nicht gleich zurückbauen. Der TÜV-Verband hält das Aus ebenfalls nicht für notwendig. Ex-Umweltminister Jürgen Trittin von den Grünen, der den ersten Atomausstieg mit verhandelt hatte, verteidigte das endgültige Ende der Atomkraft in Deutschland.

"Der Atomausstieg ist beschlossen und endgültig", sagte Niedersachsens Energieminister Christian Meyer (Grüne) zu der Diskussion. Es werde keine Laufzeitenverlängerung geben. "Debatten darüber oder ob ein AKW als Reserve weiterhin zur Verfügung stehen könnte, lehnen wir konsequent ab." Wegen fehlender neuer Brennelemente sei ein Weiterbetrieb auch gar nicht möglich.

Der Rückbau des Kernkraftwerks Emsland sei beantragt und werde nach Recht und Gesetz Schritt für Schritt durchgeführt, betonte Meyer. Das Land richte den Blick nach vorne; die Nachnutzung in Form eines großen Wasserstoffzentrums in Lingen sei bereits geplant. Die Zukunft in Niedersachsen gehöre den erneuerbaren Energien.

Die Industrie- und Handelskammern in Niedersachsen (IHKN) setzten sich seit jeher für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien ein, sagte Hartmut Neumann, IHKN-Sprecher für den Bereich Energie. Er beklagte aber Verzögerungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien, etwa durch Klagen, zu lange Genehmigungsverfahren oder bürokratische Hürden. Die derzeitige Energieknappheit und dramatischen Preissteigerungen träfen die niedersächsische Wirtschaft in ihrer gesamten Breite.

"Die aktuell durch den Ausstieg aus Kohle- und Kernenergie aus dem Markt genommenen Strommengen können durch den schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien bei weitem nicht durch emissionsärmere Alternativen ersetzt werden", sagte Neumann. Er forderte vor allem kurzfristig die rasche Ausweitung des Energieangebots oder zumindest die Sicherung vorhandener Kapazitäten. Das sei der Schlüssel für ein stabiles Preisniveau und eine gute Versorgungssicherheit. Energiesparpotenziale seien bei den Unternehmen bereits weitestgehend ausgeschöpft.

Am Samstag sollen die drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland

- Isar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in

Baden-Württemberg - endgültig vom Netz gehen. Eigentlich sollte dies schon Ende vergangenen Jahres passieren. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr jedoch, die Meiler über den Winter noch weiterlaufen zu lassen./eks/DP/men