ESSEN (dpa-AFX) - Auch dank Unternehmenszukäufen hat der Energiekonzern RWE bereits im abgelaufenen Quartal seine mittelfristigen Wachstumsambitionen im Bereich der Erneuerbaren Energien übertroffen. Das Portfolio wuchs im Vergleich zum Jahresende 2022 um 4,9 Gigawatt (GW) auf 34 GW, wie das Unternehmen am Donnerstag in Essen mitteilte. Würde der Konzern nun keinerlei Projekte mehr veräußern, hätte er schon jetzt sein eigentlich bis 2030 gestecktes Ausbauziel erreicht: Bis dahin soll das Portfolio auf 30 GW wachsen. Finanzchef Markus Müller will das Ziel deshalb auf einem Kapitalmarkttag Ende des Jahres auf den Prüfstand stellen und bezog in einer Telefonkonferenz auch Stellung zu einem möglicherweise früher als bislang geplanten Braunkohleausstieg.

Er sei "sehr positiv", das avisierte Ziel zum Ausbau der Kapazitäten an Erneuerbaren Energien zu übertreffen, sagte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Ende 2023 sollen die Investoren auf den aktuellen Stand der Pläne für die kommenden Jahre gebracht werden.

In den ersten drei Monaten des Jahres nahm RWE acht Milliarden Euro in die Hand, um sein Portfolio auszubauen. Mit 6,3 Milliarden Euro entfiel der größte Teil auf die Übernahme der US-Solarfirma Con Edison Clean Energy Businesses. Bis 2030 will RWE weitere Milliarden in den Ausbau stecken, das meiste Geld soll in Batteriespeicher, sowie Solar- und Windenergie fließen.

RWE macht mittlerweile den Großteil seines Geschäfts mit der Erzeugung von Energie durch Sonne und Wind. Sie gehört zum sogenannten Kerngeschäft der Essener, genauso wie Wasser/Biomasse/Gas, sowie der Handel mit Energie. Der weitaus kleinere Teil entfällt auf das Segment Atom- und Kohleenergie. Während das von RWE betriebene Kernkraftwerk Emsland bereits am 15. April ausgeschaltet wurde, ist das Ende der Kohleverstromung für 2030 vorgesehen. Einen früheren Ausstieg schloss Müller aber auch nicht aus.

"Wir stehen für Gespräche zur Verfügung", sagte er auf Nachfrage. Momentan fänden aber keine Gespräche diesbezüglich mit der Bundesregierung statt. Vergangene Woche hatten Berichte die Runde gemacht, dass RWE seine Bemühungen intensiviert, sich früher als geplant von dem Braunkohlegeschäft zu trennen.

Die Analysten der US-Bank Morgan Stanley hatten in einer Notiz nach Gesprächen mit RWE-Führungskräften auf einer Roadshow in den USA vermerkt, dass RWE seine Investoren um Vorschläge bittet, wie die Kraftwerke früher veräußert werden können, um den Wert für die Aktionäre zu steigern. Braunkohle gehört genau wie die Atomkraft zum sogenannten Nicht-Kerngeschäft von RWE. Es hat 2022 rund 12 Prozent des bereinigten operativen Gewinns der Essener ausgemacht.

Der Hochlauf beim Ausbau der Kapazitäten an Erneuerbaren Energien verhalf RWE zum Jahresauftakt zu einem Ergebnissprung. Der Konzern hatte bereits vor zwei Wochen Eckdaten für das abgelaufene Quartal vorgelegt. Diese wurden nun bestätigt, ebenso wie die Jahresprognose. Die Aktie notierte gegen Mittag ein halbes Prozent im Plus. Sie bewegte sich bereits in den vergangenen zwei Wochen überwiegend seitwärts, nachdem sie 2023 schon einige Auf und Abs erfahren hat. Seit dem Jahreswechsel steht aktuell ein kleines Plus im Kurstableau.

Im ersten Quartal stieg das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (ber Ebitda) von RWE im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 0,6 auf 2,8 Milliarden Euro. 2,3 Milliarden Euro steuerte das Kerngeschäft bei. Auf Jahressicht erwartet das Management aus dem Segment einen Ergebnisbeitrag von 4,8 bis 5,4 Milliarden Euro. Im Gesamtkonzern sollen im Tagesgeschäft 5,8 bis 6,4 Milliarden Euro verdient werden.

Die Essener hätten mit detaillierten Ergebnissen das starke erste Quartal bestätigt, schrieb Analyst Martin Tessier von der Investmentbank Stifel. JPMorgan-Kollege Vincent Ayral rechnet nun mit steigenden Markterwartungen./lew/knd/stk