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TAIPEH/DRESDEN (dpa-AFX) - Erst eine Milliarden-Investition von Intel in Magdeburg, jetzt ein Deal in ähnlicher Größenordnung mit dem taiwanischen Chipriesen TSMC in Dresden. Die neuen Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt räumen im internationalen Wettkampf um attraktive Standorte für die Halbleiter-Herstellung ab. TSMC kündigte am Dienstag nach einer Vorstandssitzung in Taipeh an, bis zum Jahr 2027 ein Halbleiterwerk in Dresden errichten.

TSMC erwartet demnach, dass die gesamte Investitionssumme zehn Milliarden Euro übersteigen wird. Die Hälfte dieser Summe wird von den Steuerzahlern in Deutschland aufgebracht, denn der Deal umfasst wie international üblich ein staatliches Subventionspaket.

Chips für die Automobilindustrie

Die Chips, die ab 2027 das Werk in Dresden verlassen sollen, sind vor allem auf die Bedürfnisse der Automobil-Branche zugeschnitten. Das kann man zum einen an der Liste der Partner erkennen, die sich an dem Bau des neuen Werks beteiligen: Bosch, Infineon und NXP - Konzerne, die in der Zulieferkette von Automobilkonzernen und anderen Industriebetrieben mit ihren Halbleitern unverzichtbar geworden sind.

Die europäischen Player werden jeweils zehn Prozent an dem neugegründeten Gemeinschaftsunternehmen "European Semiconductor Manufacturing Company" (ESMC) halten. TSMC bliebt mit 70 Prozent aber am Ruder. Der Spatenstich soll in der zweiten Jahreshälfte 2024 erfolgen, der Produktionsstart wird für 2027 angestrebt. Ziel sei es, eine moderne Fabrik zur Halbleiterfertigung aufzubauen, um den künftigen Kapazitätsbedarf der Autobranche und anderer Industriebereiche decken zu können, hieß es von den Partnern. Infineon wird sich an der Investition mit bis zu 500 Millionen Euro beteiligen, bei Bosch und NXP soll das in einer ähnlichen größenordnung liegen.

Fachkräftemangel droht sich zu verschärfen

In ihrer Erklärung hoben die Chip-Unternehmen vor, dass mit der Investition 2000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese frohe Botschaft wird in der Branche aber nicht nur Beifall auslösen, den die Halbleiter-Hersteller haben derzeit ohnehin schon Probleme, ihre offenen Stellen besetzen zu können. Fachkräfte werden händeringend gesucht. Es gibt einen weltweiten Wettbewerb um jeden Bewerber. Daher werden die neuen Chip-Werke in Sachsen und Sachsen-Anhalt auch zu einer Herausforderung für die Hochschulen in ganz Deutschland, die für den notwendigen Nachwuchs sorgen müssen. Das Institut für Halbleiter- und Mikrosystemtechnik an der Technischen Universität Dresden allein wird diese Aufgabe nicht meistern können.

"Silicon Saxony" boomt. Nirgends sonst in Europa ist die Halbleiterindustrie so präsent wie in Sachsen. Erst im Mai hatte der deutsche Konzern Infineon mit dem Bau einer fünf Milliarden Euro teuren Chipfabrik in Dresden begonnen. Auch Bosch und das US-Unternehmen Globalfoundries unterhalten große Werke in Dresden. Die Konzerne schätzen das universitäre Umfeld und können dabei auch auf einem positiven Erbe ostdeutscher Industriegeschichte aufbauen. Schon zu DDR-Zeiten wurde in der Elbmetropole das Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) gegründet.

Staat investiert Milliardensummen

Klar ist aber auch, dass bei aktuellen Standort-Entscheidungen ohne Subventionen nichts läuft. Rund um den Globus finanzieren Regierungen die milliardenschweren Investitionen erheblich mit. Das ist im aktuellen Fall ebenfalls so: Die Bundesregierung will den Fabrikbau von TSMC nach dpa-Informationen mit fünf Milliarden Euro unterstützen, worüber auch das "Handelsblatt" berichtet hatte. Die endgültige Entscheidung über die Förderung muss die EU-Kommission treffen.

Die Bundesregierung bemüht sich mit hohen Fördersummen darum, Unternehmen für Investitionen in Deutschland zu gewinnen. So soll Intel in Magdeburg bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von 30 Milliarden Euro für einen neuen Standort fast 10 Milliarden vom Staat erhalten. Infineon strebt für den Ausbau seines Dresdner Werkes eine staatliche Förderung von einer Milliarde Euro an.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck treibt dabei auch die Sorge, welche Auswirkungen das US-Inflationsbekämpfungsgesetz haben wird. Der sogenannte Inflation Reduction Act sieht milliardenschwere Investitionen in den Klimaschutz vor. Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren. In Europa fürchtet man Nachteile für heimische Unternehmen und einen Subventionswettlauf. Auch China unterstützt eigene Firmen gezielt mit Staatsgeldern.

Keine Unabhängigkeit von Taiwan und China

TSMC beherrscht die Fertigungsprozesse für besonders miniaturisierte und sparsame Chips und ist damit ein Schlüsselunternehmen für Smartphone-Anbieter wie Apple mit seinem iPhone. Die allerneusten und leistungsfähigsten Chips fertigt das Unternehmen weiterhin nur in Taiwan. Halbleiter, die in Dresden produziert werden sollen, können dagegen mit älteren Verfahren hergestellt werden. Die großen TSMC-Werke sind am Firmenstandort in Taiwan - was angesichts der Spannungen mit Peking als geopolitisches Risiko für die gesamte Elektronikbranche gilt.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte: "Ich bin froh und stolz, dass der Freistaat mit seinen Standortvorteilen überzeugen konnte und mit TSMC einer der weltweit führenden Chiphersteller sein erstes europäisches Halbleiterwerk in Sachsen errichten will." Die Ansiedlung sei ein "großer Gewinn". Die Investition sorge "für mehr europäische Souveränität und technologische Unabhängigkeit in einer Schlüsselbranche".

Mit dem Bau von Chipfabriken in Deutschland und anderen westlichen Ländern kann man sich allerdings nicht aus der Abhängigkeit von der Volksrepublik China lösen. Das zeigt die jüngste Episode im Technologie-Streit zwischen den USA und China. Nachdem die Regierung von US-Präsident Joe Biden den Export von Hochleistungschips an die Volksrepublik beschränkt hatte, stellten die Chinesen neue Hürden für den Export bestimmter Rohstoffe auf, die in der Chip-Herstellung benötigt werden. Für den Export von Gallium- und Germanium-Produkten müssen inzwischen Unternehmen eine Lizenz beantragen./jos/DP/ngu