(ergänzt: weitere Analysten-Kommentare, Kursteil aktualisiert, Verweis auf Kapitalmarkttag)

ESSEN (dpa-AFX) - Nach einem unerwartet starken zweiten Quartal hebt der Energiekonzern RWE seine Ziele für das laufende Jahr an. Vor allem hohe Margen in der Stromerzeugung durch Wasser, Biomasse und Gas gaben in den vergangenen Monaten Rückenwind. Außerdem lief der Handel mit Energie besser als erwartet, wie der Konzern überraschend am Dienstagabend in Essen mitteilte. Die Stromerzeugung durch Wind und Sonne entwickelte sich hingegen wegen schwacher Windverhältnisse und geringerer Absatzpreise bislang nicht ganz so positiv. Die RWE-Aktie legte am Mittwochmorgen kräftig zu.

Der Kurs des Papiers stieg am Vormittag zeitweise bis zu drei Prozent. Zuletzt kam die Aktie zwar wieder etwas zurück und notierte noch gut zwei Prozent im Plus, gehörte damit aber immer noch zur Spitzengruppe im Dax . Sie pendelt seit geraumer Zeit um die Marke von 40 Euro, nachdem sie im Frühjahr 2022 das Mehrjahreshoch von knapp 44 Euro erreicht hatte. Dieses kommt nun wieder in Sichtweite. Analyst Sam Arie von der Schweizer Großbank UBS verwies mit Blick auf die Bewertung der Aktie darauf, dass der Konzern heutzutage ein deutlich höheres Ergebnisniveau anpeile als zur Zeit des Mehrjahreshochs.

Das Management erwartet für 2023 nun einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (ber Ebitda) zwischen 7,1 und 7,7 Milliarden Euro, statt bislang 5,8 bis 6,4 Milliarden. Die Ergebnisbeiträge aus der Stromerzeugung mit Laufwasser-, Pumpspeicher-, Biomasse- und Gaskraftwerken sowie dem Energiehandel dürften dabei höher ausfallen als bislang gedacht. Die Prognosen für die Stromerzeugung auf See und Land mit Wind sowie Solarenergie bestätigte der Konzern, ebenso wie das nicht zum Kerngeschäft der Essener gehörende fünfte Segment, das Kohle- und Atomenergie bündelt.

Das Ausmaß der Erhöhung überraschte die Analysten. Die Anhebung sei "massiv", schrieb beispielsweise Martin Tessier vom Investmenthaus Stifel. Die Tatsache, dass das RWE-Management überhaupt optimistischer wurde, überraschte hingegen nicht. Die Marktschätzungen für das bereinigte operative Ergebnis (ber Ebitda) für 2023 hätten schon zuvor am oberen Ende der vorherigen Zielsetzung von RWE gelegen, notierte RBC-Analyst Alexander Wheeler. Die vom Konzern vorgelegten Halbjahreszahlen seien dennoch erheblich stärker ausgefallen als von ihm erwartet.

Ähnlich wie im Gesamtjahr erwartet, entwickelte sich bei RWE auch das Geschäft in den vergangenen Monaten: Den vorläufigen Halbjahreszahlen zufolge verdiente RWE in den ersten sechs Monaten operativ über 4,5 Milliarden Euro. Dabei stieg der bereinigte operative Gewinn aus dem Geschäftsbereich Wasser, Biomasse und Gas auf weit mehr als das doppelte und erreichte 1,9 Milliarden Euro.

Der Energiehandel von RWE kam nach einem Verlust wegen Wertberichtigungen aufgrund der Sanktionen auf russische Kohlelieferungen im Vorjahr nun auf einen Gewinn im Tagesgeschäft von 799 Millionen Euro. Damit übertraf das Segment bereits nach sechs Monaten die bisher avisierte Gewinnspanne.

Die Energieerzeugung mit Wind und Sonne entwickelte sich hingegen nicht so stark. Die Windverhältnisse waren in den vergangenen Monaten schwach und die Strompreise niedriger. Zwar konnte RWE auch neue Solar- und Windparks ans Netz bringen, vor allem aber half der Ergebnisbeitrag des zugekauften US-Unternehmens Con Edison, das die Essener seit Anfang März voll konsolidieren.

Nach der erhöhten Prognose und den Halbjahreszahlen rechnen verschiedene Analysten nun damit, dass die Markterwartungen wiederum steigen dürften. Zudem plant RWE im zweiten Halbjahr noch einen Kapitalmarkttag, bei dem die Ausbauziele für Wind- und Solarenergie ein Update erfahren dürften. Den ursprünglich bis Ende des Jahrzehnts avisierten Zubau hatte der Konzern im ersten Quartal des laufenden Jahres bereits erreicht.

Die endgültigen Zahlen für das erste Halbjahr will RWE am 10. August vorlegen./lew/zb/men/mis