BERLIN (dpa-AFX) - Am geplanten endgültigen Atomausstieg soll nach dem Willen von Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht mehr gerüttelt werden - dennoch gibt es weiter Kritik an der Abschaltung der letzten AKW an diesem Samstag. Die CDU hingegen moniert fehlenden Klimaschutz bei der Entscheidung, der Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnt vor Versorgungsengpässen und steigenden Energiepreisen.

"Dieser grüne Klimaminister lässt lieber Kohlekraftwerke laufen - den Klimakiller schlechthin, CO2-Drecksschleudern - als klimaneutrale", sagte der Vize-Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Jens Spahn (CDU), am Dienstag in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. "Es ist ein schwarzer Tag für den Klimaschutz in Deutschland."

Spahn forderte eine Laufzeitverlängerung der letzten drei AKW bis mindestens Ende 2024. "Kohlekraftwerke sollten vom Netz, Kernkraftwerke sollten laufen - denn die sind sicher und klimaneutral."

Nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) ist Strom aus Atomkraftwerken nicht Co2-neutral: Bei der Errichtung der Kraftwerke, dem Transport des radioaktiven Materials oder dem Betrieb von Zwischen- und Endlagern entstehen Co2-Emissionen. Außerdem sind die Materialien für den Bau - Stahl und Beton - sehr Co2-intensiv. Dem UBA zufolge ist Atomstrom mit Blick auf die Emissionen zwar besser fürs Klima als fossile Energieträger wie Kohle oder Gas, doch immer noch deutlich schädlicher als erneuerbare Energien.

Am Samstag sollen die drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland endgültig vom Netz gehen. Eigentlich sollte dies schon Ende vergangenen Jahres passieren. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr jedoch, die Meiler über den Winter noch weiterlaufen zu lassen.

Bundeswirtschaftsminister Habeck hält den Ausstieg trotz aller Widerstände für unumkehrbar. Mit Verweis auf die hohen Füllstände in den Gasspeichern, neue Flüssiggasterminals und erneuerbare Energien versicherte der Grünen-Politiker zuletzt, die Energieversorgung sei gewährleistet.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt setzte zudem darauf, dass die Strompreise in Deutschland trotz Atomausstiegs perspektivisch sinken. "Der Strompreis wird natürlich günstiger werden, je mehr Erneuerbare wir haben", sagte die Grünen-Politikerin dem MDR. "Wind und Sonne, die kriegen wir immer zum Nulltarif. Da brauchen wir die Anlagen und die Netze, und deswegen ist das das Entscheidende." Atomkraft dagegen sei "teuer, sowohl in der Herstellung, in der Produktion, als auch danach." So sei die Frage der Endlagerung ungeklärt.

Die DIHK klagte hingegen: "Trotz gesunkener Gaspreise bleiben die Energiekosten für die meisten Betriebe in Deutschland hoch." Zugleich sei Deutschland beim Thema Versorgungssicherheit "noch nicht über den Berg", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der "Rheinischen Post" (Dienstag). "Wir müssen deshalb weiterhin alles dafür tun, das Angebot an Energie auszuweiten und es keinesfalls weiter einzuschränken."

Ausfälle oder Einschränkungen bei der Energieversorgung seien für Deutschland ein bislang unbekanntes Risiko und ein Standortnachteil, der in einem Industrieland durch nichts ausgeglichen werden könne, warnte er. "Vor diesem Hintergrund setzen weite Teile der deutschen Wirtschaft darauf, einsetzbare Kernkraftwerke bis zum Ende der Krise weiterlaufen zu lassen."

Die Energie-Expertin des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, Claudia Kemfert, widersprach. "Die derzeit noch laufenden restlichen drei Atomkraftwerke produzieren weniger als fünf Prozent der Stromerzeugung in Deutschland", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Wir können in Deutschland problemlos die restlichen Atomkraftwerke abschalten, ohne dass die Lichter ausgehen."/svv/DP/jha