DIJON (dpa-AFX) - Die weltweite Weinerzeugung könnte nach einer Branchenschätzung in diesem Jahr wegen extremer Witterungseinflüsse auf den niedrigsten Stand seit 1961 sinken. Wie die Internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) am Freitag im französischen Dijon mitteilte, wird in der EU ein Produktionsvolumen erwartet, das elf Prozent unter dem Fünfjahresschnitt liegt. Fast alle Länder verzeichneten unterdurchschnittliche Erntemengen.

In Deutschland, dem viertgrößten europäischen Erzeugerland, rechnen die Fachleute mit einem Erntevolumen, das um sechs Prozent unter dem des Vorjahres und um fünf Prozent unter dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre liegt. Später Frost im Frühjahr und viel Regen im Sommer beeinträchtigten die Erträge.

Fast ein Viertel weniger Wein in Frankreich

Italien löst Frankreich nach der Schätzung wieder als das Land mit der höchsten Weinproduktion in der EU ab und verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs bei der Erzeugung, während diese in Frankreich um knapp ein Viertel einbricht. Zwar trübte schlechtes Wetter auch die Erträge etlicher italienischer Winzer. Schlimmer traf es aber Frankreich, wo starker Regen, Stürme und Krankheitsbefall der Reben die Produktion bremste.

Außerdem wurden in Frankreich zur Verhinderung einer weiteren Überproduktion etliche Weinberge stillgelegt, was sich ebenfalls in den Ertragszahlen widerspiegelt. Die geringere französische Produktion beeinflusst auch das weltweite Weinangebot erheblich, teilte die OIV mit.

Die Winzer in Spanien, dem drittgrößten Weinerzeuger in der EU, können sich über einen kräftigen Ertragszuwachs im Vergleich zum wegen großer Trockenheit schlechten Vorjahr freuen. Wassermangel macht den Weinbauern dort aber weiter zu schaffen.

Weinbau zunehmend anfällig für Klimaschwankungen

Wie schon im vergangenen Jahr hätten extreme oder atypische Wetterereignisse den größten Einfluss auf die weltweite Weinerzeugung, wobei frühe Fröste, starke Regenfälle und langanhaltende Trockenheit die Produktivität der Weinberge dramatisch beeinträchtigen, teilte der Branchenverband mit. Dies unterstreiche die zunehmende Anfälligkeit der Weinindustrie für Klimaschwankungen und verdeutliche den dringenden Bedarf an Anpassungsstrategien und widerstandsfähigen Weinbaupraktiken angesichts der zunehmenden Umweltunsicherheiten.

Gleichzeitig könnte ein zweites Jahr in Folge mit einer geringeren Produktion vor dem Hintergrund eines weltweit rückläufigen Verbrauchs und hoher Lagerbestände zu einem Marktgleichgewicht beitragen, das die unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen des Produktionsrückgangs für einige Regionen oder Erzeuger abschwäche, hieß es./evs/DP/he