PARIS/LONDON (dpa-AFX) - An den europäischen Börsen wollen sich die Anleger zum Beginn einer Notenbankwoche nicht klar positionieren. Sie blicken mit etwas Ehrfurcht auf kommende Zinsentscheidungen, allen voran jener der US-Notenbank Fed wegen zuletzt größer gewordener Ansprüche. Im Wochenverlauf tagen außerdem die Währungshüter von der Bank of England sowie der Bank of Japan.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 pendelte am Vormittag im engen Rahmen um die Gewinnschwelle. Zunächst etwas schwächer gestartet, stand er zuletzt mit 4845 Punkten denkbar knapp darüber. Außerhalb der Eurozone gab der britische FTSE 100 dagegen knapp um 0,06 Prozent auf 8.268 Punkte nach. Auch der Schweizer SMI verlor 0,13 Prozent auf 12.022 Zähler.

Was bleibt, ist die Frage, ob die Währungshüter den gestiegenen Ansprüchen gerecht werden. "Die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank Fed ihren Lockerungszyklus mit einer Senkung um 50 Basispunkte beginnt, ist bis Ende letzter Woche auf 59 Prozent gestiegen", hieß es am Montag von den Experten der UBS mit Verweis auf das "Fed Watch Tool" der Optionsbörse CME. Damit sei der Anteile derer, die auf eine große Zinssenkung setzen, dramatisch gestiegen. Anfang der Vorwoche habe er noch bei 14 Prozent gelegen.

Unter der Voraussetzung einer "sanften Landung" der Wirtschaft sieht die UBS in diesem Jahr Spielraum für eine Senkung des US-Leitzinses um einen Prozentpunkt, gefolgt von einem weiteren Prozentpunkt im Jahr 2025. In diesem Jahr stehen dafür noch drei Entscheide im September, November und Dezember zur Verfügung.

Anleger gaben sich am Montag defensiv und entsprechend fiel auch die Sektortendenz aus. Zu den Branchenindizes mit positivem Vorzeichen zählten Versorger-, Konsumgüter- und Gesundheitswerte. UBS-Stratege Andrew Garthwaite betonte am Montag, defensive Werte blieben für die Schweizer Großbank die bevorzugte Wahl. Aus dem Konsumgüterbereich waren Danone und L'Oreal mit Kursgewinnen von gerundet ein Prozent im EuroStoxx vorn dabei.

Spitzenreiter im Leitindex der Eurozone waren aber die Aktien der Unicredit , die um 1,7 Prozent anzogen. Der Chef der italienischen Großbank wirbt kurz nach dem Einstieg für eine Übernahme der Commerzbank . "Eine Zusammenführung beider Banken könnte zu einem erheblichen Mehrwert für alle Stakeholder führen und würde einen deutlich stärkeren Wettbewerber auf dem deutschen Bankenmarkt schaffen", sagte Andrea Orcel dem "Handelsblatt".

Auf der anderen EuroStoxx-Seite standen die Tech-Werte Adyen und Infineon mit Abgaben von bis zu 1,4 Prozent. Die Erholung des Branchenindex Stoxx Europe 600 Technology kam nach zuletzt drei Gewinntagen vorerst zu einem Ende.

Noch größere Sektorverluste gab es allerdings im Rohstoffbereich mit gut einem halben Prozent Minus beim Stoxx Europe 600 Basic Resources . Hier galt es als Belastung, dass sich die chinesische Wirtschaftsentwicklung im August auf breiter Front abgeschwächt hat. Am Wochenende veröffentlichte Daten zur Industrieproduktion und zum Konsum fielen allesamt schlechter aus als von Experten erwartet.

In der Schweiz sanken die Nestle-Aktien um 0,6 Prozent wegen einer Abstufung durch die Investmentbank Morgan Stanley. Höhere Investitionen in Marketing und Forschung könnten die Margen bei dem Lebensmittelkonzern belasten, schrieb Analystin Sarah Simon in ihrer Studie. Mit ihrer neuen Ergebnisprognose für 2025 liegt sie 9 Prozent unter dem Konsens.

In London waren zwei Werte besonders auffällig mit Kursausschlägen: Der Kurs von TI Fluid Systems zog um 15 Prozent an, nachdem eine erhöhte Offerte von ABC Technologies von dem Automobilzulieferer noch als zu niedrig abgetan wurde. Der Kurs von TT Electronics dagegen brach in London um mehr als 30 Prozent ein nach einem gekappten Umsatzausblick./tih/zb