Handelskrieg bremst die Wachstumslokomotive

Der Höhenflug der Nvidia-Aktie, der in den letzten Jahren kaum zu bremsen war, stockt seit einigen Wochen. Allein seit Anfang Dezember hat der Wert des Tech-Giganten um mehr als fünf Prozent nachgegeben. Für ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 3,4 Billionen Dollar bedeutet das einen Rückgang von 170 Milliarden Dollar – ein Verlust, der dem gesamten Wert des deutschen Konzerns Siemens entspricht. Hintergrund für die verhaltene Stimmung der Investoren ist der eskalierende Handelsstreit zwischen den USA und China.

Donald Trumps erneuter Amtsantritt steht zwar erst am 20. Januar bevor, doch der schärfere Ton in den Handelsbeziehungen zwischen den beiden Wirtschaftsmächten ist jetzt schon deutlich spürbar. Zuletzt kündigten die chinesischen Behörden eine kartellrechtliche Untersuchung gegen Nvidia an. Der Vorwurf: Verstöße gegen die Antimonopolgesetze.

Chinas Abhängigkeit von Nvidias KI-Chips

Nvidia dominiert den Markt für KI-Chips weltweit – und genau das macht das Unternehmen für Peking zur Zielscheibe. Trotz der Ermittlungen und Handelsrestriktionen bleibt China von den fortschrittlichen Halbleitern der Amerikaner abhängig. Zwar versucht Peking, die eigene Halbleiterindustrie auszubauen, doch ohne die Extreme-Ultraviolett-Lithografie-Technologie (EUV) von ASML ist das kaum möglich. Exportrestriktionen der USA verhindern zudem, dass China Zugang zu dieser Schlüsseltechnologie bekommt.

Kristofer Barrett, Leiter globale Aktien bei Carmignac, hält die direkten Auswirkungen der Untersuchung auf Nvidia für „vernachlässigbar“. Seiner Meinung nach nutzt China das Verfahren vor allem als taktisches Druckmittel in den Verhandlungen mit den USA. Auch wenn Nvidia nach der Mellanox-Übernahme die Bedingungen des Fusionsdeals aufgrund von US-Exportverboten nicht vollständig erfüllen konnte, bleibt Chinas technologische Abhängigkeit bestehen.

Repressalien auf beiden Seiten: Nvidia im Handels-Spagat

Während die USA ihre Exportkontrollen für Halbleiter und zugehörige Technologien weiter verschärfen, schlägt China mit eigenen Maßnahmen zurück. Peking kündigte Exportverbote für Rohstoffe wie Gallium, Germanium und Antimon an – wichtige Materialien für die Hightech-Industrie. Auch die Ausfuhr von Graphit, das für E-Auto-Batterien essenziell ist, soll eingeschränkt werden.

Für Nvidia wird der Balanceakt zwischen US-Politik und eigenen Geschäftsinteressen immer schwieriger. China ist nicht nur ein strategischer Rohstofflieferant, sondern nach den USA der zweitgrößte Absatzmarkt für das Unternehmen. Allein im dritten Quartal setzte Nvidia in China über fünf Milliarden Dollar um. Obwohl der Umsatzanteil dort in den letzten Jahren zurückgegangen ist, plant Nvidia, weiterhin in China zu investieren. Laut einem Bloomberg-Bericht möchte der Konzern die Entwicklung von selbstfahrenden Autos vorantreiben und seine Forschungsabteilungen ausbauen.

Die geopolitische Spannungen könnten den US-Chip-Riesen also noch länger beschäftigen. Trotz Chinas Bestrebungen, technologisch unabhängig zu werden, bleibt Nvidias Dominanz im KI-Segment bislang unangreifbar.